fullscreen: Anselm von Feuerbach, der Jurist, als Philosoph

hier werde ich mich als Mensch ausbilden können. Die Freund: 
schaft, Gutmütigkeit und Offenheit meiner Kollegen, von denen 
mehrere meine innigen Freunde wurden, gaben meinem Herzen, 
das in Jena beinahe vertrocknete, neue Kraft und neues Leben.“ 
— „Ich sehe auch jetzt deutlich, wie wohltätig es selbst für 
die gelehrten Arbeiten ist, wenn man zuweilen den Staub der 
Studierstube mit dem menschlichen Umgange vertauscht. Nie 
war ich tätiger, nie habe ich mehr gewirkt, und mehr gelernt, 
als hier und doch habe ich weniger als sonst anı meinem Pult 
gesessen. Ich bin heiter, so mannigfaltig auch die Geschäfte 
sind, die ich entweder ex officıo trage oder mir selbst mache.“ 
Aber bald ändert sich dieser glückliche Zustand. Immer 
unangenehmer macht sich ihm die Saumseligkeit der Dozenten 
bemerkbar,!) die nichts arbeiten wollten, weil sie so viel anderes 
zu tun und zu wenig Honorar hatten, sowie die „Elendiglichkeit 
des Publikums“. Als Ursache der letzteren bezeichnet er den 
Nationalcharakter, der zu sehr in den Körper triebe. Die viele 
Grütze und das häufig fette Rindfleisch müsse sich auch den 
Köpfen mitteilen, ferner die Vernachlässigung der Schulen und 
der handwerksmässige Betrieb von seiten der Lehrer. Die 
ziemlich frequentierte juristische Fakultät würde nur als Akzes- 
sorium der Akademie betrachtet, während man für sechs bis 
acht Medizinstudenten botanische Gärten und chemische La 
boratorien anlegte, und neue Professoren gegen hohes Gehalt 
berief. 
Man begreift, dass Feuerbach sehr in melancholischer 
Verstimmung war und seinen Aufenthalt als Exil betrachtete. 
In literarischer Hinsicht entwickelte er damals eine äusserst 
rege Tätigkeit, jedoch erstreckte sich dieselbe hauptsächlich 
auf die Jurisprudenz. 
Er selbst hat am Ende seines Kieler Aufenthalts eine 
Aufzeichnung seiner Arbeiten gegeben?): Neben Kollegien 
über Institutionen, Pandekten und Hermeneutik entstanden 
damals: Eine neue Ausgabe seines „peinlichen Rechts‘, ziv1- 
listische Versuche, die Kritik des Kleinschrodschen Ent: 
wurfes,: der Entwurf zu einem Kriminalgesetzbuche. 
Eine Sammlung von zivilistischen Abhandlungen und eine 
!) Leben u, Wirken, Bd, I. S. 92/93 
” S 95.
	        
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