106 Zweiter Teil. Die Verwaltungsämter.
wünschen, um dadurch Gelegenheit zu erhalten, die Welt und insbesondere
den diplomatischen Dienst kennen zu lernen, müssen hierzu die Erlaubnis
des Rats einholen, und wenn sie dieselbe erhalten, die Kosten der Reise
selbst tragen.
Die Botschaften nehmen in der Regel nur wenige Tage in Anspruch,
doch kommt es auch vor, dafs die ausgesendeten Herren wochen- und
selbst monatelang ausbleiben. Läfst sich eine solche längere Dauer der
Gesandtschaft voraussehen, so pflegt ihr ein eigener Koch beigegeben zu
werden. Das Küchengerät und Gepäck wird ihr in diesem Falle durch
nürnbergische Fuhrknechte auf Wagen nachgeführt. Im übrigen benutzt
man zur Beförderung von Personen und Sachen Reit- und Saumpferde,
welche bei dem schlechten Zustande der Landstrafsen noch am ehesten
ein schnelles und sicheres Fortkommen verbürgen.
Der Ratsbotschafter erhält seinen Auftrag entweder direkt vom Rat
oder von den Älteren Herren oder von einem ad hoc eingesetzten Aus-
schufs. Ist er dem Empfänger der Botschaft persönlich noch nicht be-
kannt, so wird ihm ein „Glaubbrief“ mitgegeben, durch den der Adressat
im Namen des Rats gebeten wird, den Worten des Überbringers Glauben
und Gehör zu schenken. Empfehlungsschreiben oder „Förderbriefe“ dienen
dazu, dem Gesandten in der Fremde die Unterstützung 'einflufsreicher Per-
sonen zu gewinnen. Die Instruktion selbst scheint in der Regel so
gehalten worden zu sein, dafs sie die Handlungsfreiheit des Beauf-
tragten möglichst wenig beschränkte. Bisweilen wurde sie noch während
der Verhandlungen durch briefliche Weisungen ergänzt. Im allgemeinen
aber verlangt der Rat, dafs seine Botschafter auch ohne besondere An-
leitung nach eigenem Ermessen und auf eigene Verantwortung hin handeln.
Nur hinsichtlich des von ihnen für Geschenke und Bestechungen auf-
zuwendenden Geldes pflegt er sie zu beschränken, indem er ihnen hierfür
von Fall zu Fall eine bestimmte Summe zur Verfügung stellt. Wieweit
er aber auch hierin bisweilen ging, läfst sich daraus ersehen, dafs er im
Jahre 1449 seinen Gesandten am kaiserlichen Hofe, Niklas Muffel, bevoll-
mächtigte, bis zu zweitausend Gulden aufzuwenden, um sich die kaiser-
lichen Räte geneigt zu machen. Eine sehr heikle Frage war, wieweit ein
Ratsbotschafter berechtigt sei, in der Fremde seinen eigenen Geschäften
nachzugehen. Im Jahre 1442 beriet der Rat darüber, kam aber zu keinem
andern Entschlufs, als dafs die Entscheidung dem Taktgefühl der Bot-
schafter selbst überlassen bleiben solle.!)
Der als Botschafter in der Stadt Dienst ausgesendete Ratsherr erhält
1) Nbg. KA, Ratsbuch I* fol. 54.