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mittelalterliche Spruchband und weitläufigen erläuternden Text
darunter zu Hülfe nehmen zu müssen. Dass ihm dies als dem
ersten gelungen ist, das können wir nach Maassgabe seiner übrigen
künstlerischen Thätigkeit mit aller Bestimmtheit behaupten. Auch
jene Darstellungen, die Sebastian Brant bei seinen obenerwähnten
Gedichten vorlagen, trugen noch, wie aus dem Wortlaute klar
hervorgeht, Beischriften. Dürer tritt mit dem festen Programm in
die Kunst ein, die volkstümliche Bilderwelt wo es irgend geht
zu befreien vom Texte, das Bild als ein selbständiges Kunstwerk
herauszuschälen aus den engenden Fesseln des Wortes. Durch
ihn erst wird die Blockbuchkunst wirklich zu Grabe getragen.
Den festen Willen, die Kunst in neue Bahnen zu lenken, hat
er ja in seinen Schriften mit aller Energie bekundet.
Er erreicht das in diesem Falle durch eine solche Conzen-
tration des Gedankens, durch eine solche Verfeinerung und Ver-
tiefung der Charakteristik, wie sie vor ihm höchstens Schongauer,
sein grosser heimlicher Lehrmeister, in seiner Macht gehabt hatte.
Das Verhältnis von Illustration und Text das 15. Jahrhundert
hindurch bis auf Schongauer und Dürer zu untersuchen wäre eine
ebenso nötige als dankbare Aufgabe.
Die zweite grosse That besteht in dem Schaffen einer ein-
heitlichen künstlerischen Stimmung. Auch dieser Gedanke ist
erst durch ihn hineingetragen worden in die oberdeutsche Schwarz-
weisskunst seiner Zeit. “Sicherlich ist Dürers Reiter die erste rein
malerische Auffassung dieses Thema’s gewesen, die erste Ver-
körperung dieses Gedankenkreises die als Kunstwerk genossen
sein wollte.
Und dann machen wir uns nur einmal klar, welche Fülle
künstlerischen Nachdenkens dazu gehört hat, die auseinanderge-
falteten Einzelheiten und das Nebeneinander, wie wir sie in den
litterarischen Quellen oder etwa auf jenem Holzschnitte von 1488
antrafen, zusammenzufassen in eine einheitliche Handlung. Be-
wunderungswürdig sind in dieser Beziehung vergleichsweise schon
die Anläufe, die der junge Dürer in den Bildern zur Apoka-
Ilypse nimmt. Hier.in dem Meisterwerke der reifen Mannesjahre,
dem Reiter von 1513, sehen wir ihn auf der Höhe dieses
künstlerischen Vermögens. Welch virtuose Uebertragung breiter
mittelalterlicher Vorstellungen und Scenen in die natürlichsten