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Vater und die Beiden neben ihm auf, indem er zugleich
den Jüngling, den er Konrad benannte, scharf fixirte.
Er war nicht schön, dieser Jüngling; ja man
konnte ihn, wollte man nur Anstoß an der schier
übergroßen und starken Unterlippe nehmen, selbst un—
schön nennen und auch die Haltung bot nichts Graziöses.
Aber aus dem lichtblauen Auge strahlte solche Güte
des Herzens, auf der freien, wenn auch nicht besonders
hohen Stirne lag solch' ein Adel des Geistes und um
die Winkel des nur wenig gerötheten Mundes schwebte
ein Lächeln, so sanft und so milde, daß sie bestätigt
in ihm sich fanden die Worte eines unserer Großen
in dem unvergänglichen Reiche des Geistes: „Es gibt
eine Schönheit, die ihrer Natur nach eine viel reinere
und beständigere Liebe einflößt, als diejenige, die nur
die Augen auf sich zieht.“
„Nun, Konrad, so rathe doch!“ rief Siegmund
von Geuder dem Jünglinge wiederholt zu, und als
dieser in schüchternren, wenigen Worten bemerkte, wie
dem Freunde wohl bekannt sein werde, daß er nicht
geschickt, Räthsel zu lösen, hob des Senators Sohn
schelmisch drohend den Finger und setzte fort: „Ja, Du,
Du bist mir ein Schöner!“ — und zu Vater und
Bäschen gewandt: „Glaubt es mir, oder glaubt es
nicht, gewiß ist es einmal: Der Dichter ist uns sehr
nahe!“ — „Uns?!“ frug verwundert der alte Geuder
und Minna's Auge fiel unwillkürlich auf Konrad, der
glühenden Gesichts sich auf die goldgeränderte Tasse
gebeugt hatte und seine Verlegenheit, so viel als
möglich ihm, zu verbergen suchte.
„Doch nicht gar —“, sprach fragenden Tones der
Senator weiter, indem er auf Konrad deutete. „Ih