Metadaten: Anselm von Feuerbach, der Jurist, als Philosoph

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zu spielen bereit wäre, vielleicht auch eine sehr feine Charak- 
“eristik von Fichtes Persönlichkeit, so können wir darin 
weniger einen Tadel, als mehr die Bestätigung der Worte finden, 
die Fobergs Tagebuch über Fichte enthält!: alle Worte 
Fichtes haben Gewicht und Schwere. „Seine Grundsätze sind 
streng und wenig durch Humanität gemildert‘. — 
Der Vorwurf der Unmoral und des Eigennutzes, den Feuer- 
bach hier erhebt, scheint mehr eine Folge der persönlichen 
Gereiztheit desselben zu sein, denn wie könnte ein Philosoph 
höhere Sittlichkeit predigen, als es Fichte getan! Und wer 
könnte besser nach seiner Lehre leben, als gerade er es tat. 
War ja doch seine Philosophie der Ausdruck seiner gewaltigen 
Persönlichkeit. Die Tatsache, dass er im Jahre 1808, als die 
Heere Napoleons ganz Deutschland besetzt und umklammert 
hielten, es wagte, seine flammenden Reden an die deutsche 
Nation zu halten, würde genügen, um ıhn zu widerlegen. Und 
ım Dienste der Nächstenliebe hat er auch seinen Tod gefunden. 
Für die Annahme einer Gereiztheit Feuerbachs dürfte aber 
mehr als ein Moment sprechen. Denn am 20. Januar 1801 
schreibt er?): „Ich war in Gesellschaft und bemerkte in den 
Gesichtern und in dem Betragen ein gewisses Etwas, das mir 
Spott über meine Hoffnungen und Wünsche zu sein schien. 
Die Anspielungen auf meinen — man denke! — Zopf, den man 
mit einer Toga candida für eins zu halten ‚scheint, und so 
manches andere, was sich mehr sehen und. fühlen, als dar- 
stellen und niederschreiben lässt — dieses setzte mich in die 
peinlichste Lage. Es ging mir ein Stachel in das Herz, der 
mir die Wunde: Menschenhass, von neuem erweckt hat.“ 
Wenn auch hier Fichte nicht ausdrücklich genannt wird, 
so ist die Stelle doch ein Zeichen für Feuerbachs Empfindlich- 
keit und seine damalige Stimmung. Nicht minder ist es das 
harte Urteil über?) das „polierte‘“ und „feine Sachsen‘, ‚wo 
Honig auf der Zunge der Menschen und Galle in dem Herzen 
ist, wo Höflichkeit für Tugend gilt und oft die heimtückische 
Schurkerei verdeckt‘. Und die Universität Jena nennt er eine 
Akademie, „wo der kleinlichste Neid neben empörender Prah: 
*) Falckenberg, Geschichte der neueren Philosophie. 5.369, 
?) Leben u. Wirken, Bd.I, S. 53. 
3) Leben u, Wirken, Bd, 1. S. 74/75.
	        
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