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Fenstergitters und schäumt und flucht, doch dieselben
widerstehen seiner riesigen Kraft und ein Gefühl der
Ohnmacht überfällt ihn, welches er noch nie empfunden.
Trotzdem glaubt er nicht, daß man ihn zum Tode
verurtheilen werde, aber er fürchtet Schlimmeres:
Ewiges Gefängniß. Diesen Gedanken kann sein an
ungebundene Freiheit gewohnter Sinn nicht ertragen;
er ist gewohnt, wie ein Vogel in der Luft zu leben,
Unthätigkeit und Mangel an Licht muß ihn aufreiben.
Aber doch steht ihm wenigstens die Hoffnung zur
Seite, seine Genossen könnten Mittel und Wege finden,
ihn zu befreien, vielleicht begnügt sich selbst der er—
bitterte Rath mit dem Schwur der Urfehde, den er im
Voraus nicht zu halten sich gelobt oder mit einem
reichen Lösegelde.
Um so unerwarteter kam es ihm daher, als sich
bald darauf die schwere, eiserne Thür öffnete und der
Rathsabgeordnete ihm das gefällte Urtheil überbrachte.
Der erste Augenblick sah ihn bleich und schwach
werden, aber es war nur ein Augenblick; er schämte
sich, eine Schwachheit gezeigt zu haben, die seine
Manneswürde entehrte.
„Ich erkenne das Urtheil nicht an,“ sprach er
mit ruhiger, fester Stimme; „der Rath der Stadt
Nürnberg hat nicht das Recht, einen freien, schild—
bürtigen Ritter des heiligen römischen Reiches zu
richten.“
„Kraft kaiserlicher Privilegien sind wir dazu er—
mächtigt,“ war die Antwort des Herrn Veit von Stark,
„selbst wenn der römisch kaiserlichen Majestät gnädigst
eingesetzter Schultheiß der Stadt Nürnberg das Urtheil
nicht sanktionirt hätte, was jedoch geschehen ist.