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Kaspar, ungarischer Magnat.
Der Vormund erzählt als Augenzeuge: „Nach einigen Gesprächen
redete er (Graf L. v. M., eine ächte ungarische Edelmannsnatur)
Kaspar ungarisch, dann slawisch an und überzeugte sich, daß letzteres
gar keinen Eindruck, wohl aber ersteres die uns schon bekannte Auf—
regung erzeugte. Er nannte verschiedene Orts- und Familiennamen,
die zum Teil, wiewohl nur schwache, Anklänge bei Kaspar fanden.
Endlich sprach er, auf das wiederholt geäußerte Verlangen desselben,
zu dem Worte Istvan (Stephan) noch einige andere Worte zu hören,
deren er sich erinnern könne, und nach mehrfältigen Versuchen auch
S8zalakus- aus — plötzlich war Kaspar wie von einem elek—
ktrischen Schlage durchzuckt: Ja, das ist's; nur noch etwas,
ich bitte, nur noch ein Wort, dann ist es. Istvän Szalakuszra vidd
(Bringe oder trage den Stephan nach S.) — da war Kaspar
im höchsten Grade der furchtbarsten Aufregung; er
wurde bald bleich bald rot, zitterte heftig an Händen und Füßen
und konnte nur mühsam die mit Thränen erstickten Worte heraus—
bringen: Das ist's, das habe ich gehört. Als ihm auch der
Name Bartakowits genannt wurde, antwortete er nach langem,
tiefem Besinnen: das ist nicht so deutlich, gerade wie die Mutter!“)
Ebenso erkannte er auch Nyitra (*823 Stunde von S.) und sagte:
) So Tucher den 31. Oktober 1831 an Feuerbach. Am Tage des Experi—
ments aber, unter dem frischen Eindruck der agglutinierenden Offenbarungen, er—
zählte man Stanhope, daß Kaspar ausgerufen: das ist meine Mutter! In
der That auch verständlicher als Tuchers Lesart. Die Gräfin Majthényi war
eine geborene Bartakowits, 1809-1812 Witwe des Herrn Stubenberg, hatte
aber ebensowenig etwas mit Kaspar Hauser zu thun wie die Königinnen Isabella
von Spanien oder Viktoria von England. Für Tucher aber war „das Resultat
dieser überredung überraschend, und es gab ihm die ganz unbezweifelte Ge—
wißheit von erweckten Erinnerungen.“ Tenn? Bei „dem Grafen
Majthéenyi war, und zwar in Szalakusz, die Dalbonne und Dr. Müller!“
Nachdem Stanhope die Augen aufgegangen waren, nannte er die wunderbaren
Erinnerungen richtiger Irrwische und schrieb den 10. Febrnar 1834 an Hickel:
„Der ungarische Edelmaunn (K. v. M.) sagte, es wäre ihm und seinem Sohne augen—
scheinlich gewesen, daß Kaspar Haufser mit ihnen Komödie spielte, und sie hätten
sehr oft darüber gelacht.“ Tamit stimmt seine dringendste Bitte an Tucher, „von
diesen Erfahrungen vorläufig keinen Gebrauch zu machen, indem dadurch eine sehr
achtbare vortreffliche Familie vielleicht kompromittiert würde, und er auch mit.“