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gen nach häuslicher Erbauung als Myfticismus und Kopf-
hängerei zu verfchreien.
Von diefer frommen Mutter wurde unfer jüngerer IJo=
hann Tobias Kießling am 3ten November 1743 gebo=
ren. Er war unter 11 Kindern das vierte, und, da mehrere
feiner Brüder farben, eine Zeit lang der einzige Sohn feiner
Eltern, weshalb auch die Mutter von frühefter Zeit an mit
ganz befonderer Zärtlichkeit an diefem Kinde hing. Eine Zärt=
LichFeit, die fih auch noch durch einen fpäteren Beifaß zu der
Angabe der Seburtstage ihrer Kinder in ihren nachgelaffenen
fehriftlichen Auffägen zu erfennen giebt, worin fie Sott bit-
tet, „er wolle doch diefen VKiebevollen, gehorfamen, freuen Sohn
zum Segen feßen, immer und ewiglich.“ Ein mütterlicher
Segenswunfch, welcher dann auch gar reichlich in Erfüllung ging.
Unfer Kießling zeigte von frühefter Kindheit an ein ganz
hefonders Viebevolles, dankbares Semüth. Schon im elterlis
chen Haufe hatte er das Wort Gottes nicht blos Fennen, fon:
dern lieben lernen; und von der Mutter, welche ihre Kinder
Faft fo bald fie gehen Fonnten, mit fih zum Sffentlichen Sot-
tesdienfte nahm, hatte er auch noch in vorzüglich reichem Maaße
jene Freude an gemeinfchaftlicher Erbauung mit der Gemeinde
der Chriften, jene Luft am Haufe des Herrn geerbt, welche
ihm, fo lange er lebte, eigenthümlich blieb. Schon in den
fchriftlichen Auffäßen, welche fich von feinem IJünglingsalter her
unter feinem NMachlaffe gefunden, foricht fich Ddiefe Neigung
freu und innig aus.
Er wurde von feinem Vater, und wie e& fheint auch
durch eigene Neigung, zum Kaufmannsftande beftimmt und verz
(ebte theils im elterlichen Haufe, theils im Haufe feines ehrenz
werthen Obheims, bei welchem er die Handlung erlernte, eine
file, „frohe Sugend, von ANen, die ihn näher Fannten, als
ein_frommer, guter Iüngling geehrt und geliebt.
a. Cieberslefer! hätte ich meines Theils den Ernft, diefe herzz
li innige, Liebe zu Sottes Wort und zu allem Suten und
Söttlichen, die unfer feliger Kießling fhon al8 SIüngling