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Bevor die Entscheidung des Rates ankam, beklagten sich
die Strassburger Gesandten bei den Nürnbergern über Melanch-
thon !); sie behaupteten, Handschriften von ihm gesehen zu
haben, in denen er die zwinglischen Städte, zumal Strassburg,
eines Angrifisbundes bezichtige. Die Bistümer sollten bereits
im voraus geteilt, 1,200,000 Gulden zum Kriegszweck gesammelt
sein; die Strassburger baten um Unterstützung ihrer Beschwerde,
die sie beim Churfürsten eingereicht hatten. Die Nürnberger
rieten zur Milde und zum Ausgleich, verweigerten aber eine
Einmischung, die der Churfürst misdeuten könne, als ob sie auf
eigene Hand gegen ihre Instruktion sich in Gegensatz zu ihm
stellen wollten. Die Nürnberger vermieden jeden Schein des
Einverständnisses mit den Städten, misbilligten aber auch Me-
lanchthons verläumderisches Handeln als gefährlich für Zwing-
lianer und Lutheraner.,
Der Rat beschloss unter Zustimmung der Theologen, seine
zigene Bekenntnisschrift aufzugeben ?) und sich der sächsischen
anzuschliessen. Auf des Rates Befehl verfasste Osiander eine
Schirmrede für die Confession 3); auch der Jurist Hepstein setzte
ainen Ratschlag auf; beide Schriften wurden am 28, nach Augs-
burg geschickt. Am 18. setzten sich bereits die Gesandten mit
lem Markgrafen ins Einvernehmen; man erhielt vom Churfürsten
die Zusage, der Fürsten und des Rates Sache „neben einander
gehen zu lassen“. So kam durch Nürnbergs Bemühen das all-
gemeine Glaubensbekenntnis zustande. Nach Eröffnung des
Reichstages am 20. Juni wurde noch daran gearbeitet; am 21.
wurde deshalb Kress von den fürstlichen Räten aufgefordert, die
Sendung eines Nürnberger Predigers, zumal des Osiander, beim
Rate zu veranlassen *). Osiander reiste am 26. von Nürnberg
ab 5), zu spät, um an der Ausarbeitung der Confession noch
teil nehmen zu können, und eher, als dass ein Schreiben der
Gesandten die Abreise hindern konnte. Sie empfahlen nun die
schleunige Rückberufung des streitbaren Mannes: „Theologen
sind genug da, es wäre besser gewesen, zur Verhütung eines
neuen Wolfsgeschreies‘ ihn daheim zu behalten“ ©). Da auch
der Rat also dachte, so beschlossen die Gesandten, ihn bei pas-
sender Gelegenheit heimzusenden *) „denn wir nicht bemerken,
dass er ungern hier sei, wiewohl man seiner nicht bedarf“.
Am 23. Juni wurde in der Versammlung der protestierenden
') C. R. II, 725. 2) 728. 3) An die Gesandten, 28, Juni, Bbh.
115. Krafft, Urkunden zur Reformationsg., S. 67. Osiander an Luther,
21. Juni, C. R. II, S. 748. 4) C. R. II, 734. An die Gesandten,
25. Juni, Bb. 1138. 5) C. R. IT, 748. An die Gesandten, 26. Juni, Bb.
113. $) C. R. II, 750. 7) 760.