24 Hans Sachs' ausgewählte dramatische Werke. 1I1.
Ja, auf der Gasse spät und früh,
Doch in der Werkstatt macht es Müh'.
Ja, da schafft mehr ein Stift, ein junger!
Die Magd:
O, wie hat mich gequält der Hunger,
Hielt sie vor mir den Brotschrank zu.
Den Psalter las sie mir oft dazu,
Als hätt' ich angesteckt ein Haus.
Froh bin ich, daß nun alles aus.
Sie sieht nicht gern die Zähne tanzen.)
Die Frau:
Ei schweig' und hole dir die Franzen!?)
Nun kommt ihr jetzt wohl alle vier
Und wollt mich runterreißen hier?
Ihr heillos lausigen Unfläter,
Ihr Diebsgesindel, ihr Verräter,
Mit euch werd' ich noch fertig schnell,
Mit Nachbar, Magd und dir, Gesell,
Und dir auch, du ohnmächtiger Tropf,
Daß du dir krauen mußt den Kopf.
Du mußt noch sitzen auf einem Rade.?)
Ich will dich führen zu einem Bade,
Daß dich darin der Henker krau'.
Der Nachbar:
Mein lieber Nachbar, halt' deine Frau!
Schau, wie das Augenpaar ihr blitzt
Und wie sich ihre Nase spitzt!
Die Zähne knirschen wie mit Sand
Und krampfhaft bebt ihr jede Hand!
Schau, wie sie mit den Füßen stampf',
Als hätte sie den Eselskrampf!“)
Unsinnig scheint sie, recht betrachtet,
Verrückt und toll und geistumnaächtet!
Sperr' sie in eine dunkle Kammer!
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1) Das heißt: essen. — 2) Die Venerie. — 8) Du wirst noch ge—
rädert werden. — 4) Eselskrampf bedeutet das Verziehen des Mundes
nach den Ohren hin; hier scheint es so viel wie Epilepsie zu sein.