Volltext: Prinzregent Luitpold

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allem eine Schule der Entsagung durchlaufen. Dazu war 
sein ganzes Leben seit einem Menschenalter eine Vorbereitung 
zu der Berufung gewesen, die ihn jetzt traf. Der reichen 
Lebenserfahrung, die er, der nun 65jährige Mann, in dem 
mannigfachen Gang seiner Schicksale gewonnen hatte, trat 
eine ungemeine Kenntnis der Verhältnisse, der Personen, 
der Regierungsaufgaben zur Seite, die ihn in hohem Mafse 
zu statten kommen mufste und bald die Bewunderung derer 
erregte, denen sie sich kund gab. Die Grundsätze endlich, 
die für seine Regierung mafsgebend wurden, waren ganz 
dazu angethan, ihm das allgemeine Vertrauen zu erwerben: 
in erster Linie Verfassungstreue, Erhaltung des 
Friedens unter den Konfessionen, Treue gegen das 
Reich, Volksfreundlichkeit. — Es waren diese nur die 
besonderen Erscheinungen einer Lebensauffassung, von der 
kein Geringerer als der älteste Sohn des Regenten, Prinz 
Ludwig in einer gelegentlich des 70. Geburtstags seines 
Vaters gehaltenen Rede gesagt hat, dafs sie die seines Vaters 
sei, der Maxime »Jedem das Seine.*) Es war gleich- 
zeitig ein Ausflufs dieses Prinzips und des Wunsches, 
Fühlung mit allen Kreisen des Volks zu gewinnen, wenn 
der Regent wenige Wochen nach Übernahme der Regent- 
schaft und dann wieder in den nächsten Jahren Reisen in alle 
Teile des Landes unternahm. Die begeisterte Begrüfsung, 
die er überall erfuhr, bewies ihm die Richtigkeit seines Ent- 
schlusses und belohnte ihn für die Mühen, mit denen sich 
diese Reisen verknüpften. Auch weiterhin pflegte er die 
Beziehung zu seinem Volk, indem er bald hier bald 
dort bei festlicher Gelegenheit inmitten der Bevölkerung er- 
schien und den Festlichkeiten die Weihe seiner Teilnahme 
und des Einklangs zwischen Fürst und Volk verlieh, indem 
er einzelne. aus allen Kreisen persönlich empfing oder wie bei 
den Jagden — im Spessart, im Allgäu und anderwärts — 
dem Mann aus dem Volk in dessen eigner Sphäre nahe- 
trat. Höhepunkte der Gemeinsamkeit im ersten Sinne waren 
die glänzende Centenarfeier für Ludwig I. »den grofsen 
König«, wie ihn der Regent bei diesem Anlafs selbst nannte, 
der später im engeren Rahmen die Aufstellung seiner Büste 
*) Reidelbach a. a. O. 255.
	        
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