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die „Bildung des Volksschullehrers ihren Weg etwa durch ein
GBymnasium oder eine Realschule nehme und dann in einer Anstalt
sich schließe, worin er seine erworbenen theoretischen Kenntnisse
praktisch anwendeu lerne.“
Ist nun die Volksschule von der Kirche getrennt, und besitzt ihr Lehrer
eine wissenschaftliche Bildung, so sind die hauptsächlichsten Bedingungen erfüllt,
welche eine tüchtige Volksbildung möglich machen. Nun gehören aber zur Einheit
eines Staates nicht bloß gae Münzen und Maße, gleiche Gesetze und Rechte,
sondern eine gleichheitliche Bildung durch das ganze Volk ist dazu ebenso not—
wendig. Diese gleichheitliche Bildung kann aber nur zur Ausführung gebracht
werden, wenn eine hohe Reichsversammlung die Ausarbeitung eines all—
gemeinen Lehrplanes veranlaßt und demselben Anerkennung und
Befolgung durch ganz Deutschland sichert.
Mit dem Lehrplane in Verbindung werde zugleich ein allgemeines Schul—
gesetz ausgearbeitet, welches die übrigen Verhältnisse des Lehrers feststellt, und
das, samt dem Lehrplane, als die Verfassungsurkunde des deutschen Volks—
schulwesens gilt.
Wenn wir nun einige Gegenstände berühren, welche in das Schulgesetz
aufzunehmen wären, so geschieht dies bloß darum, weil sie sich uns durch die
Erfahrung aufgedrängt haben, und weil, wer nicht Lehrer ist, sie schwerlich als
zum Gedeihen der Volksbildung wesentlich gehörig aufzufinden vermöchte. Dabei
müssen wir überhaupt bemerken, daß der Entwurf des Lehrplans von Schul—
nännern, als den allein Sachverständigen, auszugehen habe, und daß auch das
Schulgesetz nicht ohne deren Zuziehung zu Staude komme.
Zuerst nennen wir die Aufhebung des Schulgeldes und Ver—
wandlung desselben in eine allgemeine Umlage. Die Armen haben in
der Regel die meisten Kinder. Wenn es ihnen nun schon schwer fällt, diese
nur zu ernähren: so fühlen sie ihre Kinder um so mehr als eine Last, wenn sie
hr sauer verdientes, weniges Geld auch noch auf die Bildung derselben verwenden
müssen. Wie überall, so ist der Reiche auch hier besser daran. Bedenkt man,
daß auch der Arme durch seine Arbeit den Staat mitträgt, so wird man es als
einen Ausspruch der Gerechtigkeit anerkennen müssen, daß auch der Staat oder
die Gemeinde einen Teil der Kosten für seine Bildung übernimmt. Bloß einen
Teil der Kosten; denn wenn das Schulgeld durch eine Umlage erhoben wird, so
trägt der Dürftige doch auch einen Teil davon.
Zweitens ist zu nennen der Gehalt der Lehrer. Daß derselbe erhöht
werden müsse, damit das Lehramt seinen Mann ernährt, ist bereits allgemein
anerkannt und ausgesprochen, aber noch nicht gethan. Hungerstellen sind die
Schulstellen fast alle, und nicht genug, daß durch diese ewige Hungerleiderei der
Lehrer bald stirbt (daraus hat das Gewissen des Staates sich bis jetzt nichts
gemacht), sondern daß dieselbe ein Haupthindernis einer tüchtigen Volksbildung
ist, woraus das Gewissen des Staates sich doch etwas machen sollte. Eine not—
wendige Folge der zu geringen Besoldungen ist der häufige Wechsel in der
Besetzung der Schulstellen, und daraus folgt, daß der Lehrer mit seiner Gemeinde
so zu sagen nicht in Eins zusammenwächst; er bleibt meist außer oder neben der
Gemeinde stehen, treibt sein Geschäft mit der Jugend und kümmert sich wenig
darum, ob die gestreute Saat gedeiht und zu Früchten gelangt. Daher ist für
das Gedeihen der Volksbildung dringend zu wünschen, es möge dieser ewige
Wechsel aufhören, und der Lehrer auf einer und derselben Stelle möglichst lange
erhalten werden. Dies könnte geschehen durch Besoldungserhöhung nach Dienst—
jahren, welche Erhöhung aber nicht der Gemeinde, sondern dem Stagate zuzu—
muten wäre.
Endlich muß es noch ein dringender »Wunsch der Lehrerschaft sein, daß sie
in Hinsicht der Heimatsverhältnisse, der Ruhe- und Witwengehalte und der
Waisenunterstützung den Staatsdienern gleichgestellt werden möchten. Indem wir