Metadaten: Sociale Kämpfe vor dreihundert Jahren

99 
dukaten. Ein Heiratsvertrag trug einen Thaler, das Ablesen der Chubab 
bei der Hochzeit einen Gulden, das Abhören der Hochzeitszeugen 6, bei 
Reicheren 12 Thaler; vom Vermögen der Kopulierten erhält er ein Pro— 
zent, übersteigt dasselbe 1000 Gulden ein halb Prozent. Als Gerichts— 
vorstand fielen ihm ebenfalls bedeutende Gebühren zu, das Bestimmen der 
Barnossen trug 100 Gulden. 
Die streitige Rechtspfsege übten die Oberrabbiner mit den Bar— 
nossen aus. Unler ihrer Aufsicht wurden Verträge gefertigt, Inventarien 
und Teilungen vorgenommen, Erbschaftsstreitigkeiten 2c. geschlichtet. Gegen 
ein Urteil konnte die Werufung ergriffen werden. 
Das Berufungsverfahren war folgendes: „Die Berufungssumme war 
300 fl.; die Frist, dis zu welcher die Appellation augemeldet werden konnte, 
lief 8 Tage; nach angemeldeter Berufung übergab der Richter die Akten 
an den Monatsbarnoß, der sie durch einen beeidigten Schreiber kopieren 
ließ, wobei jedoch fingierte Personen eingesetzt wurden, — ein Verfahren, 
das im Interesse der Gerechtigkeit alle Anerkennung verdiente. Sodann 
wurden die Alten an ein fremdes Rabbinergericht, dessen Wahl strengstes 
Geheimnis blieb, versendet, ohne Beifügung oder Bekanntgabe des ersten 
Urteils, so daß ein ganz neues Urteil gefällt werden mußte. Der Be— 
rufende mußte Kaution fuͤr entstehende Kosten hinterlegen, der Verlierende 
zahlte etwas an die Armenkasse. Im Falle das zweite Urteil mit dem 
ersten nicht übereinstimmte, konnte unter gleichen Verhältnissen eine dritte 
endgiltige Bescheidung erwirkt werden. 
Eine spezielle Bestimmung dekretierte außerdem, daß jede Verheiratung 
von jüdischen Gemeindegliedern auf Anrufen eines Fürther jüdischen Gläu— 
bigers, bis zu des letzteren Befriedigung oder Sicherstellung verhindert 
werden konnte, ein Artikel, der z. B. 1735, 1748 und 1757 Anwendung 
fand.“ (Barbeck, die Juden in Fürth.) 
Die Gerichtssporteln, welche die Richter bezogen, waren bedeutend. — 
Ungehorsame wurden mit dem kleinen Bann belegt. Lösten sie sich nicht 
innerhalb 30 Tage durch Reue, Unterwerfung ꝛc. aus, so verfielen sie dem 
schweren Bann. Der Gebannte wurde wie ein vom Judentum Ausge— 
stoßener behandelt, wie ein von Gott Verfluchter gebrandmarkt. Niemand 
durfte geselligen Umgang mit ihm pflegen. Seine Kinder wurden aus der 
Schule, seine Frau aus der Synagoge ausgewiesen, sein neugebodrener Sohn 
wurde nicht beschnitten. 
„Der jüdische Reat bestand aus 21 Mämnern, Ziruf⸗Versammlung 
oder Regenteuͤ genannt; sie sind die Abgeordneten der jüdischen Gemeinde 
und müffen in Gemeindesachen ihre Einwilligung geben. Aus diesem Ge— 
meinderat sind 12 Barnossen gesetzt, wovon jeder ein Monat lang das 
Bürgermeisteramt ausübt; sie sind die weltlichen Vorstände der Korporation, 
haben die Sorge in vermoͤgensrechtlicher Beziehung, die Umlagen aufzu— 
segen und einzutreiben, Vermögensschätzungen vorzunehmen, fungieren in 
Prozessen als Beisitzer des Oberrabbiners, und koͤnnen sowohl den Bann
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.