Inhaltsverzeichnis: Verwaltungsbericht der Stadt Nürnberg für das Jahr 1926/27 (1. April 1926 bis 31. März 1927) (1926/27 (1927))

Besondere soziale Fürsorge und Wohlfahrtspflege 
ahrtsamt Nürnberg eine besondere Aufmerksamkeit zu, weil gerade in Nürnberg die Zahl der 
Wanderer, welche die öffentliche Fürsorge um Arbeit und Hilfe anriefen, in den letzten Jahren ganz 
besonders anstieg. Es wurden durch Ausbau der vorhandenen Einrichtungen geeignete Maßnahmen 
getroffen, um den gesteigerten Anforderungen zu genügen. Der Wohlfahrtshauptausschuß sprach am 
27. Februar 1927 seine Bereitwilligkeit aus, auf dem Gebiete der Wandererfürsorge auch mit der 
angrenzenden Stadt Fürth zusammenzuarbeiten. 
In Nürnberg bestehen zwei Wandererarbeitsstätten (Schniegling und Altenfurth), die Zu⸗ 
veisung dorthin geschieht durch die bei der Zentrale des Wohlfahrtsamtes bestehende besondere Ab— 
leilung für „Arbeits- und Obdachlosenfürsorge“. Die Zahl der im Berichtsjahr angekommenen Wan— 
derer betrug 14583 gegenüber 11002 im Vorjahr. Es wurden unterstützt 8956, an den Bezirksarzt 
zur Untersuchung überwiesen 464. In die Wandererarbeitsstätten wurden eingewiesen 4688, von 
denen aber nur 3989 die Arbeit aufnahmen. Außerdem lehnten 475 Personen die angebotene Unter— 
tützung ab. In Bedarfsfällen wird zur Herbeiführung eines geregelten Wandererverkehrs ein Wander— 
zuch ausgestellt. Für die beiden Wandererarbeitsstätten besteht eine gemeinsame Hausordnung. In 
Altenfurth werden die Wanderer ausschließlich zu landwirtschaftlichen und Kultivierungsarbeiten 
perwendet, in Schniegling verrichtet nur ein Teil landwirtschaftliche Arbeiten, im übrigen aber erfolgt 
Abstellung der Wanderer in städtische Betriebe zu Lager-, Lade- und Transportarbeiten, ein anderer 
Teil wird zu Arbeiten in der Werkstätte des Betriebes oder zu Schreibarbeiten in den Fürsorgestellen 
»erwendet. Auch bei der Zufuhr von Brennstoffen an Unterstützungsgempfänger werden Wanderer 
eschäftigt. Die Verpflegung für die in den Wandererarbeitsstätten untergebrachten Personen ist die 
Jeiche wie im Feldbau. Sie besteht aus Kaffee (weiß und gezuckert), Frühstück, Mittagessen, Nach— 
mittagsvesper, Abendsuppe, täglich 118 Pfund Brot und Liter Tee mit Zucker, ohne Milch. Die 
berpflegung bereitet die Städtische Volksspeisung in der Küche der landwirtschaftlichen Betriebe in 
ZSchniegling. Der Wert für eine Tagesverpflegung beläuft sich auf 1,25 Ro. Die Dauer des Aufent— 
halts beträgt in der Regel zwei Wochen, manchmal auch drei Wochen; sie nur auf einige Tage festzu⸗ 
setzen wurde unterlassen, da die Wandererarbeitsstätten den Charakter eines Heimes tragen sollen. 
Ein nicht zu kurz bemessener Aufenthalt soll den Wanderern, die arbeitsuchend von Ort zu Ort ziehen, 
zur inneren Ruhe und Sammlung und zur Instandsetzung ihrer geringen Habseligkeiten dienen. Daß 
die Gewährung eines längeren Aufenthalts dem Bedürfnis entgegenkam, beweisen die nach Austritt 
an die Arbeitsstätten gelangenden Dankschreiben und Kartengrüße. In der Wandererarbeitsstätte 
Schniegling ist für fußkranke Wanderer eine sogenannte Revierstube vorhanden. Die ärztliche Ver— 
sorgung der Wanderer in der Wandererarbeitsstätte Altenfurth ist dem Arzt Dr. Stephan in Feucht 
übertragen, der die Wanderer nach den Mindestsätzen der Krankenkassen behandelt. Ein ausgebildeter 
Sanitäter ist mit der Durchführung der ärztlichen Verordnung betraut. Für die Sommermonate 
tand den Wanderern ein Erholungs- und Spielplatz zur Verfügung. Unfälle oder bemerkenswerte 
Ausschreitungen kamen nicht vor, die aufgenommenen Wanderer unterzogen sich willig jeder Arbeit. 
Von den in den beiden Wandererarbeitsstätten aufgenommenen 3989 Wanderern waren 936 unter 
20 Jahre, 2299 bis zu 30, 300 bis zu 40, 223 bis zu 50, 231 bis zu 60 Jahre und darüber alt. 
Dem Beruse nach waren 785 landwirtschaftliche Arbeiter, 88 Erdarbeiter, 128 Bauarbeiter, 
419 Fabrikarbeiter, 104 Bergarbeiter, 2236 Handwerker, 165 Handlungsgehilfen, 56 Hausangestellte, 
9 Artisten, 2 Musiker und 2 gehörten sonstigen Berufen an. Sie verteilen sich nach der Staatsange⸗ 
hörigkeit auf 1362 Bayern, 204 Badenser, 69 Hessen, 1421 Preußen und 319 Sachsen, 246 Württem— 
berger, 88 Thüringer, 13 Hanseaten, 66 Elsaß⸗Lothringer, 166 Oesterreicher, 30 Ausländer und 
5 Staatenlose. Der Austritt erfolgte in 54 Fällen wegen Arbeitsvermittlung, in 55 wegen Krankheit, 
n 2084 zwecks Weiterreise und in 17 behufs Eintritt in eine Anstalt, 1630 traten wegen Zeitablaufs 
aus und 5 wurden inhaftiert. 
Arbeitsheim, Großweidenmühlstraße33. Insgesamt waren im Berichtsjahr 
206 Personen mit 23 208 Verpflegstagen untergebracht. Die Fürsorgebedürftigen waren zum Teil 
erwerbsfähige odec erwerbsbeschränkte, meist ältere nach Nürnberg zuständige Männer. Außer Ver⸗ 
pflegung und Unterkunft werden bei Bedarf auch Bekleidungsstücke gewährt. Invalidenrentner be— 
(ommen ein monatliches Taschengeld von 8 RA. Diese Vollinsassen wurden ganztägig mit Arbeit 
zeschäftigt, die ihrem Gesundheitszustand entsprach (Spielwarenzapfen, Hopfenzupfen, Nachtlichter— 
tecken, Schreiner⸗ oder Tapezierarbeiten, Ausführung von Transvorten für die Fürsorgeeinrichtungen). 
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