Volltext: Albrecht Dürer

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Sünfundzwanzigstes Kapitel. 
Es war an einem Donnerstag, den 21. Oktober, da trab— 
ten in der Frühe durch das Frauenthor von Nürnberg zwei eilige 
Reiter, seltsam anzusehen, wenigstens der eine, denn das war 
ein Mönch in der Kutte; der sah auf dem Roß gar wunderlich 
aus, und alles, was des Wegs daher kam, blieb stehen und sah 
verwundert dem reitenden Klosterbruder nach. Der andere Rei— 
ter war ein graubärtiger Mann mit faltigem Gesicht und bis an 
die Zähne bewaffnet. 
Die Reiter fragten sich nach dem Augustinerkloster und 
zogen, dort angelangt, ihre Rosse hinter sich drein in den Hof. 
Bald darauf that es an Dürers Pforte eilige Schläge mit 
dem Klopfer. Es war ein Mönch, der nach dem Meister fragte 
und ihn eiligst nach dem Kloster forderte. 
Ahnungsvoll stürzte Dürer davon, wie er ging und stand, 
kaum daß er in der Hast noch das Barett vom Nagel riß. 
Seine Ahnung wurde alsbald durch den Mönch bestätigt, der 
ihm unterwegs erzählte, daß der Luther an der Seite eines 
Ausreiters von Augsburg als Flüchtling auf einem Roß ange— 
kommen sei und in dem Kloster kurze Rast zu halten gedenke. 
Mit bebendem Herzen trat Dürer in das Kloster ein, da 
hatte sich wieder alles in dem Remter gesammelt, und auf allen 
Gesichtern malte sich der tief gehende Eindruck, den das Ereignis 
gemacht hatte. 
Doch vergebens suchten seine Augen nach dem Luther, und 
er vernahm auf sein Befragen, er sitze drinnen bei dem Prior 
in der Zelle, um eine Schrift zu lesen, welche inzwischen von 
Spalatinus, dem Hofprediger des Kurfürsten von Sachsen, an 
ihn eingelaufen sei. 
In der That war Luther, noch ehe er leibliche Erquickung 
zu sich genommen, mit der Schrift abseits gegangen und be⸗ 
schäftigt, dieselbe zu lesen. Er ersah daraus, daß er alle Ursach
	        
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