ungelehrten Mann, der weder Latein noch Griechisch könne. Wenn er
dann später die Werke römischer und griechischer Schriftfsteller für seine
Dichtungen verwendete, so hatte er nicht die Originale, sondern Ueber—
setzungen und Bearbeitungen vor sich. Im 15. Lebensjahre trat Hans bei
einem Schuhmacher in die Lehre, ob auf Wunsch der Eltern oder aus
eigener Wahl, ist nicht erwiesen. Er erzählt uns jedoch, er sei während
seiner zweijährigen Lehrzeit von dem Leinweber Lienhardt Nunnenbeck in
der holdseligen Kunst des Meistergesanges unterrichtet worden. Nach be—
endeter Lehrzeit 1511 trat er, dem Brauche seiner Zeit gemäß, eine längere
(5 Jahre währende) Wanderschaft an. Diese führte ihn durch einen großen
Theil Deutschlands, in zahlreiche größere und kleinere Städte, wie Regens—
burg, Passau, Salzburg, Hall, Braunau, Wels, München, Landshut, gegen
Oettingen, Burghausen, Würzburg, Frankfurt, Koblenz, Köln, Aachen,
durch Westphalen nach Osnabrück, Lübeck und durch Thüringen zurück
über Erfurt und Leipzig. Ueberall suchte er mit seinem regen Geiste
Land und Leute kennen zu lernen, und während er sich so eine tüchtige
Menschenkenntniß, reiche Erfahrungen und große Weltklugheit erwarb, be—
wahrte ihn sein frommer, reiner Sinn vor den Lastern, die zu jener Zeit nicht
minder verbreitet waren als heute, er hielt sich fern von Spiel, Trunken—
heit u. A. In seinen freien Stunden war er bestrebt, sich in der Kunst
des Meistergesanges zu vervollkommnen, „die ihm viel Kurzweil thät er—
wecken“. Sein Eifer wurde auch anerkannt, indem ihm in den Sing-⸗
schulen einzelner Städte Ehrenämter übertragen wurden. So half er in
München „die Schul verwalten, thät auch zu Frankfurt am M. zuerst
Schule halten“ (d. h. er übernahm eine Aufsichtsstelle im Vorstand der
Singschule). Im Jahre 1516 kehrte er in's Elternhaus zurück, wurde
1519 Meister seines Handwerks und verheiratete sich in demselben Jahre
mit Kunigunde, der einzigen Tochter Peter Creutzers in Wendelstein, mit
der er über 40 Jahre in glücklicher Ehe lebte. Wie urkundlich nach—
gewiesen ist, übergaben ihm die Eltern zur selben Zeit ihr Haus in der
Kothgasse. Sein Handwerk betrieb er mit Eifer und Fleiß, bezog mit
seinen Schuhmacherarbeiten wiederholt die Frankfurter Messen und kaufte
in deutschen Städten wie in Landshut selbst das nöthige Material ein.
Sein Handwerk hatte auch thatsächlich goldenen Boden, seine materiellen
Verhältnifsse gestalteten sich günstig. Der strebsame Meister suchte aber
auch seinem wißbegierigen Geiste immer neue Nahrung zuzuführen. Er
nahm den regsten Antheil an allen wichtigeren Zeitereignissen, verfolgte
das erste Auftreten Luthers mit größtem Interesse und war bestrebt, die
Verbreitung der neuen Lehre zu fördern. Durch die7 Prosadialoge, in
denen er diese Aufgabe verfolgt, sowie durch eine mit dem Prediger
Osiander herausgegebene Schrift gegen das Papstthum verwickelte er sich
in manche Unannehmlichkeiten. So erhielt er 15027 Seitens des Rathes
der Stadt Nürnberg die Verwarnung, er solle seines Handwerks und
Schuhmachens warten, sich auch enthalten, einig Büchlein oder Reimen
hinfüto ausgehen zu lassen. Im Jahre 1542 erwarb Sachs ein Haus
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