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Zweiter Teil. Die Verwaltungsämter.
anterschied anknüpfte. Schon die Höflichkeit gebot, dafs der jüngere der
beiden bei der Repräsentation des Amtes nach aufsen seinem älteren
Kollegen im allgemeinen den Vortritt lief. Ebenso selbstverständlich
war es, dafs er jedesmal, wenn ihm bei seiner Amtsverwaltung ernstliche
Bedenken aufstiefsen, den Rat des älteren einholte. Der ältere hingegen
konnte sich in Fällen, wo ihm das Heil der Stadt auf dem Spiele zu
stehen schien, wohl veranlafst sehen, seinen jüngeren, unerfahrenen Amts-
genossen nicht ins Vertrauen zu ziehen, sondern die zu ergreifenden Mafs-
regeln lieber insgeheim mit andern erprobten Ratsmitgliedern zu besprechen.
So kam es, dafs der ältere der beiden Regierenden Bürgermeister stets
über alles, was vorfiel, unterrichtet war, und nötigenfalls auch ohne den
jüngeren handeln konnte, während dieser gerade von den wichtigsten An-
gelegenheiten oft nichts erfuhr und bei allem, was er that, bis zu einem
gewissen Grade von der Zustimmung des älteren abhängig war. Dies
führte schliefslich dahin, dafs der ältere alle wichtigeren Geschäfte an sich
zog, und dafs sich der jüngere je länger je mehr auf eine untergeordnete
Thätigkeit beschränkt sah.
Wieweit diese Geschäftsteilung im KEinzelfalle ging, hing zunächst
freilich von. der persönlichen Überlegenheit ab, die der ältere dem jüngeren
gegenüber geltend machen konnte. War der zwischen beiden obwaltende
Altersunterschied nur ein geringer, so mag auch ihr beiderseitiger Anteil
an der Geschäftsleitung nicht allzu verschieden gewesen sein; hatte aber
ein alter, geschäftskundiger Ratsherr mit einem unerfahrenen Neuling zu-
sammen das Bürgermeisteramt zu verwalten, so mulfste sich dieser wohl
oder übel mit der bescheidenen Rolle eines Lernenden begnügen, und die
Geschäftsleitung blieb ausschliefslich jenem vorbehalten. Wie verschieden
aber auch im Einzelfalle sich das Verhältnis des jüngeren zum älteren
gestalten mochte, stets hatte dieser den größeren Teil der Verantwortung
für die gemeinsame Amtsführung zu tragen. Daher waren die Wähler
darauf bedacht, die Bürgermeisterpaare so zusammenzustellen, dafs in jedem
derselben zum mindesten der ältere Mann dasjenige Mafs von Geschäfts-
kunde und persönlicher Autorität besafs, welches erforderlich war, um
auch den schwierigeren Obliegenheiten des Amtes gerecht werden zu
können. Man gewöhnte sich infolgedessen daran, diejenigen Schöffen und
Konsuln, welche qualifiziert erschienen, das Bürgermeisteramt in der ver-
antwortlichen Stellung eines älteren Bürgermeisters zu verwalten, schlecht-
weg als die Älteren Bürgermeister den an Geschäftserfahrung und
Ansehen hinter ihnen zurückstehenden Jüngeren Bürgermeistern gegen-
überzustellen. Im letzten Viertel des vierzehnten Jahrhunderts erscheint
diese Scheidung schon im ganzen und grofsen durchgeführt. Wenigstens