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Arbeit neidlos anerkannte. Bald erregte die große Tafel der Maria mit
dem Rosenkranze in der gesammten Kunstwelt Venedigs allgemeines Auf—
sehen. Es fehlte natürlich wie immer und überall auch nicht an Neidern,
die, wie Dürer an Pirkheimer meldet, sein Bild schalten und sagten: „es
sey nicht antikisch Art, darum sei es nicht gut, aber Sambelliny, der
hat mich vor viel zentilomen fast sehr gelobt, er wolt gern etwas von
mir haben und ist selbs zu mir kommen und hat mich gepetten, ich soll
ihm etwas machen, er wollts wohl zahlen.“
Das obenerwähnte Rosenkranzbild ist in der That eines der schönsten
Bilder Dürer's in fast lebensgroßen Figuren. Der Kaiser Max und die
weltlichen Stände, der Papst und die Geistlichen, zumeist Bildnisse, em—
pfangen aus den Händen der Madonna, von Engeln vertheilte, Rosenkränze.
Kaiser Rudolph der Zweite hatte das Bild in späterer Zeit glücklich von
den Deutschen in Venedig, für welche es gemalt war, erhandelt, und um
die kostbare Tafel keiner Gefahr der Erschütterung auszusetzen, mit einer
besonderen Vorrichtung durch starke Männer von Venedig bis Prag auf
den Schultern tragen lassen. Leider ist das noch in Prag im sogenannten
Strahof befindliche Bild in einem sehr verdorbenen Zustande, doch noch
immer zeugt es auch so von seiner hohen Vortrefflichkeit.
Aber auch an Klagen fehlt es nicht in seinen Briefen über den
schmalen Verdienst an seiner Arbeit, bei der geringen Bezahlung und
der großen Ausführung, die er dem Bilde verlieh. Die Mißgunst der
einheimischen Maler nahm mit seinen Erfolgen zu, und man warnte ihn
alles Ernstes, nicht mit den venetianischen Kunstgenossen zusammen zu
essen und zu trinken, das Vergiften war gerade in seiner schönsten Blüthe
in Italien. Doch das stolzefte Zeugniß von dem unbewußten Einflusse
des dentschen Meisters auf die venetianische Kunst giebt uns der alte
Vasari, wenn er ganz unverhohlen sagt, Tizian habe sein berühmtes Bild
des Christo della Moneta gemalt, um es dem Dürer gleich zu thun in
der Feinheit der Ausführung, insbesondere in der Zierlichkeit der Haare,
des Bartes, der Augenbrauen und Augenwimpern, wodurch der deutsche
Meister das Erstaunen der Wälschen in höchstem Maße erregt hatte. Und
in der That steht der „Zinsgroschen“ so einzig da unter ullen übrigen
Werken Tizian's, daß man vollkommen berechtigt ist, an einen so be—
stimmten und augenblicklichen Einfluß dabei zu glauben.