Volltext: [Prospeckte von der Burg [et]cetera]

Das Gänsemännchen. 
So manche Curiositäten hat deutsche Liebhaberei, Sammlerfleiß 
und Beobachtungsgeist zusammengebracht oder beschrieben, aber wir 
kennen keine Vergleichung und Aufzählung merkwürdiger und durch 
Kunstwerth interessanter, lächerlicher oder sinnreicher und bedeutungs⸗ 
voller Aufsätze auf Roöhrbrunnen oder Standbilder auf Fontainen, 
die hie und da gefunden werden. Und doch würde sich hier manches 
Neue, manche die Lachlust oder den Untersuchungsgeist anregende No⸗ 
tiz darbieten. Da dürften die Rolandsbrunnen den Anfang machen, 
man könnte auf die Löwen, die das Wappen ihres Weichbilds halten, 
auf die Bären oder auf den Kindleinfresserbrunnen zu Bern übergehen, 
und so würde man pielleicht am Ende auch auf unser Gansemannchen 
kommen, das einen kleinen Rohrbrunnen zu Nürnberg in der Nähe der 
Frauenkirche, wo man zum Obstmarkt hinaufkommt, ziert. Neben 
demselben haben die Weiber, welche gemästete Gänse verkaufen und 
sie zum Braten fertig herstellen, ihre Buden, und um deswillen wählte 
man auch gerade dieses Standbild für den Brunnen in ihrer Nähe. 
Es ist 2 Fuß 10 Zoll hoch und aus Bronze gegossen. Mit voller Be⸗ 
stimmtheit wissen wir den Meister nicht, aber von Peter Vischer, für 
dessen Arbeit man es gewöhnlich hält, weil alles Unbekannte am lieb⸗ 
sten immer einem großen Künstler, dessen Name berühmt ist, zuge⸗ 
schrieben wird, wurde es gewiß nicht gefertigt. Es rührt höchst wahr⸗ 
scheinlich von Pankraz Labenwolf her, der auch das Vischerische 
Bronzegitter vollendete, denn die fleißige Ciselirung an diesem, so wie 
an dem von ihm gleichfalls gegossenen Brunnen im Rathhaushofe, 
stimmt ganz mit einander überein. — Ueber den Ausdruck der Figur 
ist es wohl überflüssig etwas Weiteres zu bemerken. Jovialität, Derb— 
heit, Freimüthigkeit und Geradheit sprechen aus seinen Zügen gewiß 
einen jeden an; er scheint ganz nach der Natur gebildet zu seyn, und 
seine Kleidung hat so viel Malerisches, daß, wenn sie auch der Künst⸗ 
ler etwas veredelt hätte, man doch dagegen den Ungeschmack unseres 
jetzigen Landvolks um desto auffallender finden muß.
	        
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