Objekt: Alt-Nürnberg

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vollständiger Auflösung eilte alles, Vornehm und Gering, der Grenze 
zu. Das war der schmachvolle Ausgang des vierten Kreuzzugs. 
Alle diese jammervollen Mißerfolge waren nicht im stande, die 
starre Ketzerausrottungspolitik des römischen Stuhls im mindesten zu 
erschüttern. Der Markgraf von Brandenburg hatte längst eingesehen, 
daß ein anderer Weg eingeschlagen werden müsse, aber er besaß nicht 
Mut genug, offen Farbe zu bekennen, eine andere Stimme von An— 
sehen erhob sich nicht und König Sigmund war ein gehorsamer Knecht 
der Kurie. Kaum war der Kardinal von England, wie er in Deutsch— 
land genannt wurde, von der großen Ausreißerei von Tachau wieder 
in dem sicheren Nürnberg angelangt, so berief er, der römische 
Kardinal, auf Mitte September einen Reichstag nach Frankfurt, 
beschloß mit den dort spärlich eingetroffenen Reichsständen die Ver— 
legung des Tags auf Mitte November und bedrohte die Säumigen 
nit Strafe wegen Ketzerfreundschaft. Was könnte den damaligen 
Zustand des heil. römischen Reichs deutscher Nation besser kennzeichnen, 
als daß nicht das Reichsoberhaupt, nicht ein Reichsverweser, nicht 
das Kurfürstenkollegium, sondern ein römischer Kardinal deutsche 
Reichstage ausschreibt. Groß war übrigens der Eifer, den der 
Kardinal entfaltete, und dem gesunden Gedanken einer Reichskriegs— 
steuer hat er zu einer (wenn auch kümmerlichen) Verwirklichung 
verholfen. Dieses „Hussengeld“ oder „gemeiner Pfennig“ war eine 
ungeschickte Mischung von Vermögens-, Einkommen-, Kopf- und 
Standessteuer, bei welcher der kleine Besitzer zu Gunsten des großen 
sehr benachteiligt war. Zum Vollzug der Anordnung war in jeder 
Diözese ein Sechserausschuß; diese Sechserausschüsse sandten die Ein— 
gänge an die fünf Hauptkassen in Köln, Salzburg, Breslau, Nürnberg, 
Erfurt; Köln mußte wieder nach Nürnberg abliefern. Zu obersten 
Hauptleuten wurden der Kardinal und der Markgraf von Branden— 
burg ernannt. Einem Zentralausschusse, bestehend aus den Bevoll— 
mächtigten der sechs Kurfürsten und dreien sämtlicher Reichsstädte, 
der seinen Sitz in Nürnberg hatte und hier unter des Markgrafen 
Vorsitz regelmäßige Versammlungen halten sollte, war die Verwendung 
der Steuern und die Leitung der Rüstungen übertragen. Hiemit 
war mit Umgehung des Reichsoberhaupts eine ganz neue Reichs— 
organisation, eine Art Reichsregiment geschaffen, und merkwürdig ist, 
daß mit Übergehung der sonstigen Fürstlichkeiten und des Adels 
Kurfürsten und Städte sich darin zusammenfinden. So hübsch 
nun das Ganze auf dem Papier sich ausnehmen mochte, so übel 
stand es mit der Ausführung, obwohl der oberste Hauptmann, der 
Markgraf von Brandenburg, der den Ausschuß häufig nach Nürnberg 
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