Die Mauern, welche ehedem den Kirchenplatz
rings schützend umschlossen, sind teils abgetragen,
teils durch kleine darangelehnte Schupfen und ähn—
liche Verstecke verkleidet. Ich sage gleich „Ver—
steckes; denn nur in dieser Verwendung stehen sie
mir im Verein mit den schützenden Strebepfeilern
der hellangestrichenen Kirche in lebhaftester Erinner—
ung, die allbekannten Schlupfwinkel und Ecken,
immer wieder beim „Versteckerlets“ oder „Fanger—
lets“ aufgesucht. Am wichtigsten war der durch eine
etwa fußhohe Mauer abgegrenzte Raum zwischen
zwei Strebepfeilern an der Vorderseite der Kirche,
der Zufluchtsort, wo man beim Fangen nicht mehr
geschlagen werden durfte. Mir schien die ortsübliche
Bezeichnung „Schlag“, offenbar hergenommen vom
Taubenschlag, der ja auch als Zufluchtsort vor dem
gefährlichen Geier aufgesucht wird, mir schien sie
weit angemessener, als „Petein“, was mein älterer
Bruder als Errungenschaft von der Nürnberger
Lateinschule mitbrachte. Ich betrachtete den Ver—
such, diese Bezeichnung einführen zu wollen, geradezu
als Verrat an dem geheiligten Herkommen, umso—
mehr als er mir eine Erklärung des rätselhaften
Wortes damals ebensowenig zu geben wußte, wie
später die als Germanisten bekannten Gelehrten
Fr. Vater und Sohn. Aber die Sitte ist unend—
lich zäh, nur daß meine Söhne, offenbar dem Ver—
feinerungszug der Zeit folgend, im „Bedeutend“
vor den verfolgenden „Räubern“ oder „Schandes“
Schutz suchten.
Aber wie ich vorhin sagte, der Reiz des male—
risch Alten, mußte schon in den Tagen, wo ich das
Lesen lernte, den Bedürfnissen der Neuzeit weichen;
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