ihnen in meinen Augen etwas Absonderliches. Denn
die schweren, rindsledernen, genagelten Stiefel meiner
Ortsgenossen gestatteten keine so geräuschlose Beweg—
ung. Was wars aber, das ich bei meiner neu—
gierigen Frage von ihnen erfuhr? Die Herren aus
der neuen Welt trugen eben Gummischuhe. Aber
sie weihten mich noch weiter ein in das Leben jen—
seits des großen Wassers und ließen mir illustrierte
Zeitungen mit Bildern von dem eben stattfindenden
Krieg der Nord- und Südstaaten sehen, die mich
manche Stunde an ihre Seite ketteten. Wenn ich
sie so viel fragte, als ich jetzt von meinen Buben
gefragt werde, dann kann ich sie heute noch bedauern.
Bleiben wir jedoch weiter in der Verwandtschaft
des Lammswirtes. Dort rechts schräg über der
Straße drüben führt sein Schwager das erste
Spezereigeschäft am Ort. Ich habe das kleine
Männchen mit der dunkelgrauen Mütze auf dem
Kopf, dem etwas vorgeschobenen Kinn, den zwin—
kernden Augen und dem das Kinn umrahmenden
Bart, mit den flott nach der Seite stehenden Enden
der schwarzen Halsbinde eigentlich nie gehen sehen,
er lief immer in hüpfenden Schritten, daß die Schöße
seines grauen Rockes flogen. Denn nicht bloß der
Laden beschäftigte den beweglichen Mann. Sein
Weg führte ihn tagtäglich wie oft an unserer Woh—
nung vorbei hinter zu seinem Weinkeller; er war
eben nicht nur Weinbauer, wie die meisten Orts—
bewohner, sondern auch Weinhändler.
Die Stufen zu seinem Laden stieg ich sehr gern
empor. Denn die langjährige „Ladenjungfer“ mit
dem schwarzen Haarnetz und dem Sammtiäckchen,
oder ihre Herrin selbst verstanden es ja, dem stets
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