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haben wir uns denn damit der Liebe für unsere
Stadt und unser Volk begeben, haben wir uns da—
mit der Verantwortung begeben, für die zu sorgen,
die hilflos sind? Kann denn wirklich einer unter
uns sein, der anders dächte als unser Vorsitzender?
Wahrlich, es ist an uns, zu sorgen und vorzubauen.
Mit Dank werden wir die Hilfe der Regierung
annehmen, aber wir werden diese Hilfe nicht ab—
warten. Sind wir unmündige Kinder, oder sind
wir Bürger einer Stadt, deren Ruhm einst durch
alle Lande ging? Sind wir satte Pharisäer, die das
Elend des Bruders nicht kümmert, oder wollen wir
dem barmherzigen Samariter gleichen, der seinen
Mantel, sein Brot mit den Armen, Kranken teilt!
Was ist uns jetzt ein einzelner, dem wir sonst Hilfe
gewähren; die Masse des Volkes wird bald an unsere
Türe klopfen! Mitbürger, sorgen wir, daß wir öffnen
können und den Hungrigen speisen, den Frierenden
wärmen können. Ich bitte den verehrten Vor—
sitzenden, noch heute Vorschläge zu machen, und ich
bitte die Mitglieder des Vereins, daß ein jeder seine
volle Kraft einsetze für die Gesamtheit.“
Rottmann setzte fich hoch aufaimend.
„Bravo, bravissimo!“ Senator Ritter stand auf.
„Die Töne höre ich gern! Aus vollem Herzen
stimme ich ein, alle für die Gesamtheit, ein jeder
einzelne für die Gesamtheit. Denkt ein jeder wie
Herr Sebastian Rottmann, dann ist mir nicht bang,
dann wird nach Kräften geholfen werden. Ich
danke dem Mitglied Rottmann für seine Worte und
unterstütze seine Bitte.“
„Bitte, noch einen Augenblick!“ Siebentritt
legte seine knochige Hand auf Feldmanns Rechte,
die nach der Glocke griff. „Nur noch ein paar