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Karoline bat den Schwiegervater um Anlage
des Geldes in der städtischen Sparkasse. Es gab
ihr ein ruhig ficheres Gefühl, daß sie doch nicht
ganz arm war.
Anne und Karoline traten sich freundlich, aber
doch innerlich kühl entgegen. Anne war nicht mehr
das warmherzige Geschöpf, das eigenes Glück gebe—
freudig machte, auch waren ihre Gedanken so
durch des Vaters Arbeiten in Anspruch genommen,
daß sie sich wohl des brüderlichen Glücks mitfreute,
für sich aber keinerlei Gewinn von der neuen
Schwägerin erwartete. —
Während Josephines und Karolines Gedanken
der Wäsche und dem Leinen galten, dachte mit be—
geisterter Freude Anne der bevorstehenden Reise mit
dem Vater nach Preußens Hauptstadt, nach Berlin.
Sebastian Rottmann wurde von der bayrischen
Regierung nach Berlin gesandt, dem bayrischen
Vertreter bei den Zollverhandlungen beratend zur
Seite zu stehen, gleichzeitig aber auch in die tech—
nischen Lehranstalten genaue Einsicht zu nehmen.
Die Rürnberger, als sie von diesem Auftrag
erfuhren, warfen sich stolz in die Brust ob der Aus—
zeichnung und der Anerkennung, die ihrem einstigen
Bürgermeister geworden.
Rottmann aber fühlte voll Dankes, daß er
nützen konnte, nicht mehr der engen Heimat allein,
sondern nun auch dem gesamten Vaterland. Mit
frohem Mut rüstete er sich zu der bedeutungsvollen,
verantwortlichen Reise und innig beglückte ihn die
stolze Mitfreude seines treuen Kameraden.
Wie war Anne ein Teil von ihm geworden,
mit welcher hingebenden Leidenschaft nahm sie seine
Gedanken auf. Wie rasch hatte sie ihr oberflächliches