Volltext: Die neue Zeit

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Und in seiner sorgenden Liebe legte er dem 
Magistratskollegium noch all die Arbeiten ans Herz, 
die er nicht mehr vollenden durfte. Dann begrüßte 
mit bewegten, warmen Worten Rottmann seinen 
Nachfolger. 
„Ich weiß,“ sagte er, „daß nur Liebe zur 
Vaterstadt ihn bewegen konnte, ein Amt zu über— 
nehmen, dessen symbolischer Schmuck neben dem 
äußeren Glanz auch die schwere Bürde ausspricht 
in einer Kette. Ich lege mein Amt nieder, indem 
ich mich dieses Zeichens seiner Würde entledige, mit 
dem Bewußtsein, meine Pflicht nach bestem Wissen 
und Gewissen erfüllt zu haben.“ 
Im Herzen war Rottmann froh, gerade diesem 
Mann sein Amt anvertrauen zu können. Der von 
der Opposition aufgestellte Kandidat war von der 
Regierung nicht bestätigt worden. Der nun Ge— 
wählte aber, Rottmanns Nachfolger, war kein Gegner 
der bisherigen Verwaltung. Rottmann durfte glauben, 
daß der neue Bürgermeister im Geiste des alten 
weiterarbeiten werde. — 
Langsam, gesenkten Hauptes ging Rottmann 
heimwärts. Er mußte an den Abend denken, da er 
zum erstenmal als Bürgermeister den Weg gegangen. 
Er mußte an das Grüßen der Leute denken, das 
seiner neuen Würde gegolten hatte. Aber auch heute 
wurden die Mützen und Kappen und Seidenhüte 
vor ihm gezogen. 
Er grüßte wieder in dankbarer Erkenntnis, daß 
diese Gruͤße jetzt ihm, Sebastian Rottmann, galten, 
nicht dem Nürnberger Bürgermeister. 
Im Hausflur kam ihm Anne entgegen mit 
feuchten Augen, bewegt, nicht imstande, zu reden. 
Er nahm sie mit sich durch die Geschäftsstube, 
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