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als sie sich ihrer Reichsfreiheit entäußert hatte, und
die man längst in München vergessen zu haben schien.
Aber fie waren geduldiger als er, sie hatten
das Warten gelernt. Ihm war es unleidlich —
dies Warten. Ihn drängte es zum Handeln. —
Rottmann kam unter einen Lichtschacht, durch
den die blendende Tageshelle schien, da traf ihn ein
kleiner Stein an der Wange. Er fuhr zurück und
sah nach oben. Da erblickte er zwischen den eisernen
Släben, die das Lichtloch vergitterten, eine kleine
Hand, und er sah ein heißes Kindergesicht fest gegen
die Stäbe gedrückt.
„Rösle, wirfst Du mit Steinen?“ rief Rott—
mann ärgerlich hinauf.
„Hu, hul!“ rief der Kindermund droben. „Du
bist ein reicher Kaufherr und ich schieß, auf Dich.
de bin der Eppelein.“ Und wieder flog ein Steinchen
erab.
„So, so, da müssen aber die Nürnberger den
Eppelein fangen.“
„Die fangen ihn nicht!“ jauchzte das Kind.
Aber der Turmwärter fängt ihn gewiß. Dem
will ich's schon melden.“
„Nein, nein!“ zeterte da der kleine Pseudo—
Eppelein. „Nichts sagen, bitte. Ich will's auch
nimmer tun, ganz gewiß nimmer!“
Und rasch verschwand Hand und Gesicht hinter
dem Gitter.
Rottmann rief: „Rösle!“ und dann noch ein—
mal: „Rösle!“
Aber er bekam nichts zu hören als seine eigene
Stimme, die in dem gewölbten Torgang wider—⸗
hallte, er sah nur noch die Gräser und Sträucher
uͤber der ffnung leise schwanken.