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„Der Regent ist Repräsentant der Gesellschaft,!) erster
Diener des Staates: denn er ist der erste Beförderer des Ge-
sellschaftszweckes. Er ist inappellabel: denn er ist höchster
Richter im Staat. Er ist unverantwortlich: denn das Volk
hat sich dem Organ des allgemeinen Willens unbedingt unter-
worfen. Er ist als Regent unwiderstehlich, denn er hat die höchste
Gewalt im Staate ... Es kann Niemand neben ihm und Nie-
mand über ihm sein: denn nur ein Wille kann organisierender
Wille sein.“ Wie soll sich nun der allgemeine Wille durch sein
Organ verkünden? ‘Dies geschieht „durch den Verfassungs-
vertrag?) (pactum ordinationis civilis), durch welchen sich einer-
seits das Volk, anderseits das Volk und der Regent über die
Einrichtung und Verfassung der Gesellschaft vereinigen‘. Die
Gesetze, welche die Verfassung bestimmen, heissen Grund-
gesetze, der Inbegriff derselben die Konstitution. Damit ist
nun die Entstehung und das Wesen des Staates, jener Ein-
richtung, durch die es möglich gemacht wird, die Kräfte der
Gesellschaft in allen Fällen zur Ausübung des Zwanges zu ver-
einigen, gegeben. "Aber freilich nur selten ist der Mensch im
Staate so frei, wie er sein sollte.*) „In der Welt finden wir nur
einen matten Widerschein von dem reinen Lichte der Wahr-
heit und des Rechts.“ „Viele tragen das Diadem eines Re-
genten, die doch nur Herrn und Sklaven unter Sklaven sind,
viele Gesellschaften lügen sich Staaten, die doch nur über-
tünchte Kerker sind.“ Aber nicht jene sollen wir betrachten.
„Nur das ist ein Stand der Freiheit,*) in dem der Mensch wirk-
lich so frei ist, als er es sein soll; in dem er tun kann, was er
darf.‘“‘ Der Bürgerstand ist der alleinige Stand der Freiheit.
„Denn allein in dem Staate, dessen Zweck kein anderer, als
die Realisierung der Idee rechtlicher Freiheit ist, sind die
wechselseitigen Rechte und Befugnisse des Menschen durch
den Arm der öffentlichen Macht geschützt. In dem Naturstande
bin ich frei vor der Vernunft, so gut wie in dem Stande der
bürgerlichen Gesellschaft; aber ich bin nicht frei in der Tat,
weil sich ‘die Freiheit nur auf meine eigenen Kräfte stützt
und von niemanden weder verbürgt noch verteidigt ist.‘ Indem
EEE
!) Antihobbes S. 32/33. 2) 34. 3) 36—38. *\ 38.
cfr. „Ueber den Hochverrat“ 5. 24.