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Am 20. Mai desselben Jahres (1 833) ist er bei einer Spazler
fahrt nach dem Königsstein einem Schlaganfall erlegen.!) —
Auch darin glich sein Schicksal dem so vieler grosser
Männer. Er galt nichts in. seinem Vaterlande. Die niedrigsten
Instinkte tiefstehender Gegner haben gegen ihn gearbeitet.
Wohl wurden ihm Orden und Würden zuteil, aber sie konnten
unmöglich das Schmerzliche aufwiegen, das ihn traf: näm-
lich, dass alle die Zwirnsfäden der Feinde, über die er stol-
perte, ihn hinderten, so zu wirken für die Menschheit, wie er
es gewollt — und auch kraft seiner herrlichen Gaben wohl
gekonnt hätte.
Dieses tragische Schicksal, das der äussere Glanz seiner
Stellung dem flüchtigen Beobachter verschleiert, dürfte auch der
wahre Grund gewesen sein, dass Feuerbach fast nirgends längere
Ruhe und längeres Glück finden sollte. Er war eine grosse
kräftige Kämpfernatur, voll Arbeitsdrang, Schaffenslust und
Ehrgeiz. Aber alles dies drängte ihn weniger zum Gelehrten
als vielmehr zum Staatsmann.?) Eine müssige Frage, aber viel-
leicht wäre die wahre Grösse dieses Mannes auf einem ganz
anderen Felde gelegen — das er nur ın bescheidenster Weise
bebauen durfte —, auf dem der Politik. Sem Streben scheint
dies späterhin auch gewesen zu sein. Es war ihm nicht mehr
vergönnt, und grollend wollte er, als er sein Ende nahen fühlte,
eben sein Adoptivvaterland Bayern verlassen mit dem Wunsche
Scipios: „Ne ossa quidem ...' Da rief ihn der Tod ab.
Sein Sohn Ludwig Feuerbach gab 1852 seines Vaters:
„Leben und Wirken“ heraus, dargestellt aus seinen unge-
druckten Briefen und Tagebüchern.
Sie wurden nicht besonders beachtet. Der Name des baye-
rischen Gesetzgebers wurde mehr und mehr vergessen. Erst in
den siebziger Jahren des verflossenen Jahrhunderts begann man
wieder seiner zu gedenken.
Die neueste Zeit dürfte wieder mehr Interesse an Feuer-
bach nehmen, denn mit der Neubelebung der Kantforschung
wird man auch mehr und mehr der Zeitgenossen Kants gedenken
ı) Leben u. Wirken, Bd. ILS. 345. I
?) Man vergleiche hier die Ausführungen in seinem Brief vom 7. No-
vember 1805 (L. u. W. S. 124, Bd. 1, ähnlich S. 196/197 etc