Volltext: Hans Sachs im Andenken der Nachwelt

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Hans Sachs erhält natürlich seine Kunigunde. — Noch 
läppischer und noch naiver konnte Hans Sachs als dramatische 
Person nicht gezeichnet werden: Meissner hat das Möglichste 
hierin geleistet. Er schrieb sein Spiel für „Jung und Alt“ und 
sorgt redlich dafür, dass „Jung und Alt“ den denkbar ver- 
kehrtesten Begriff von Hans Sachs und seiner Zeit erhält. Er 
verherrlicht in geschmacklosen Versen im historischen Kostüm 
den braven Sohn, an dem sich andere ein Beispiel nehmen 
sollen! Natürlich und gerechterweise wird darum auch diese 
schneeweiße Tugend mit Kunigundens Hand belohnt. — Kürzer 
können wir uns fassen bei dem folgenden „Festspiel in zwei 
Aufzügen“: Hans Sachs in Leipzig, von Emil A. Gutjahr und 
Friedrich Adolf Geisler. Auch diese Autoren haben — 
allerdings ohne es anzugeben — mehrfache Anleihen bei den 
„Meistersingern“ gemacht, z. B. liefern sie eine zwar höchst 
ernsthaft gemeinte, aber beinahe parodistisch wirkende Kopie 
der „Festwiese“. Die Handlung des Spieles führt uns mitten 
hinein in das Leben einer mittelalterlichen Singeschule und 
macht uns bekannt mit den Gewohnheiten und Sitten der 
Meistersinger und dem Charakter ihrer Kunst. Hans Sachs 
kommt auf der Wanderschaft nach Leipzig. Sein Begleiter 
ist Hieronymus Lotter, der spätere berühmte Erbauer des 
leipziger Rathauses. Am Abend des ersten Osterfeiertages wird 
Hans Sachs von den leipziger Meistersängern als Schüler auf- 
genommen. Er und sein Begleiter werden dann, ganz gegen 
ihren Willen; verwickelt in die Streitigkeiten, welche . die 
leipziger Innungen, insbesondere die „Meistersingerinnung“ in 
zwei feindliche Lager scheiden. Es sind katholisch -protestan- 
tische Religionsstreitigkeiten. Am zweiten Osterfeiertage wird 
ein Festsingen abgehalten: vor der Kirche St. Johannis sammelt 
sich das Volk. Bürger unterhalten sich über Luther und Hans 
Sachs. Dann ziehen die Schneider, die Fischer, die Schuster, 
die Bader auf; das Preissingen beginnt. Erst singt Hierony- 
mus Lotter, dann Hans Sachs. Beide empfangen großen 
Beifall. Mit dem Lutherliede „ein feste Burg“ schließt das 
Festspiel. — Der Streit zwischen protestantisch und katho- 
lisch geht durch das ganze Stück. Hans Sachs ist gut ge- 
zeichnet: frisch, männlich, fest überzeugt von der Wahrheit 
der neuen Lehre, Bei dem ausgesprochenen Festspielcharakter
	        
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