Volltext: Stenographischer Bericht der 34ten Generalversammlung Deutscher Müller und Mühlen-Interessenten zu Nürnberg vom 17. bis 20. Juni 1906 (34. (1906))

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Besprechungen, die wir mit maßgebenden Persönlichkeiten aus allen be— 
teiligten Kreisen gehabt haben, ist uns überall die Ansicht entgegengetreten, 
daß unsre Steuerskala noch viel zu niedrig sei; sie müsse so hoch gestellt 
werden, daß sie auf der einen Seite das erstrebte Ziel, die Stärkung des 
Klein- und Mittelbetriebes, auch sicher erreiche, und daß sie zum andern 
auch dem Staat als ein wünschenswertes finanzielles Objekt erscheine. 
Im vorigen Jahre waren wir überhaupt nicht in der Lage, Ihnen 
über Erfolge“ auf volkswirtschaftlichem Gebiet, zu berichten. In diesem 
Jahre liegt das günstiger. Wir haben zwar bisher nicht vermocht, das 
Reich zu bewegen, den Identitätsnachweis für auszuführendes Getreide 
wieder einzuführen und dadurch die erheblichen Schädigungen zu beseitigen, 
die unsre Kollegen namentlich in Norddeutschland durch die Ausfuhr des 
heimischen Getreides erleiden. Wir haben auch nicht feststellen können, 
daß die Regierung Anstalten macht, bei den schwebenden Handelsvertrags— 
verhandlungen mit den Vereinigten Staaten von Amerika die deutschen 
Müllereiinteressen mehr zu wahren, als dies bei den früheren Verträgen 
geschehen ist. 
Andrerseits aber ist es erreicht, daß der zollfreie Grenzverkehr, der 
so lange Jahre und so viele unsrer Kollegen geschädigt hat, in erträg— 
lichere Bahnen gelenkt ist, und daß von der fortschreitenden Entwicklung 
dieser Angelegenheit mit der Zeit eine vollständige Beseitigung der 
Schwierigkeiten zu erwarten steht. 
Wir haben es ferner vermocht, denjenigen Bestrebungen erfolgreich 
entgegenzutreten, die dahin gingen, den Städten das Recht der örtlichen 
Steuern auf Nahrungsmittel zu erhalten. Der Reichstag hat auf unsre 
Eingabe hin gegen solche Bestrebungen auf das schärfste Stellung genommen. 
Wir waren auch in der Lage, erfolgreich mitzuarbeiten an dem Zu— 
standekommen internationaler Getreideverträge, die dem deutschen Müller 
und Händler die Zufuhr guten ausländischen Getreides unter angemessenen 
Bedingungen und mit der Maßgabe sichern, daß etwaige Streitigkeiten 
oon deutschen Schiedsgerichten entschieden werden. Viel Schwierigkeiten 
aus Anlaß des Inkrafttretens der neuen Handelsverträge verursacht die 
Einfuhr der Gerste und ihre Unterscheidung in Malz- und andere Gerste. 
Es bestand die große Befürchtung, daß die von der Regierung und ein— 
zelnen Privaten in Aussicht genommene Denaturierung der Futtergerste 
auf mechanischem Wege durch Zerschneiden der Körner und ähnliche Mittel 
den deutschen Müllern, die sich mit der Herstellung von Gerstenschrot usw. 
bdeschäftigen, eine unerträgliche Schädigung bereitet würde. Nunmehr hat 
die Firma Siemens & Halske einen Apparat fertiggestellt, der die 
Gerste sicher denaturiert, indem er die Keim- und damit die Malzfähigkeit 
gänzlich zerstörtt, ohne das Körnchen mechanisch zu verletzen. Das Ver— 
fahren besteht aus zwei Teilen. Einmal wird die Gerste unter Luft— 
abschluß erhitzt, ohne daß sich ihre Beschaffenheit ändert, insbesondere ohne 
daß eine Dextrinbildung stattfindet, und ferner wird durch Einwirkung 
von Elektrizität die Keimfähigkeit ertötet. Vom müllerischen Standpunkt 
aus ist der Apparat durchaus zu begrüßen, und wir dürfen es uns zum 
Verdienst anrechnen, daß unser Verband im Verein mit unserer Versuchs— 
anstalt zu diesem Ergebnis beigetragen hat.
	        
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