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Sehnsüchtigen Blickes schaute Willibald Müntzer den
schlanken Gestalten nach. „Daß ich schon Einer'der Euern wäre!“
Mit bangendem Herzen lenkte er seine Schritte dem Hause
seines Brotherrn zu. Was würde ihm —
die nächste Stunde bringen ? Erfüllung
seines Herzenswunsches und damit die
beglückende Hoffnung auf Marga—
rethens Besitzd) Oder eine herbe
Enttäuschung, ein Hinabstürzen in
hoffnungslose Finsternis?
Angstvolle Spannung in dem
feinen, bleichen Gesicht stand er
nun in der „guten Stube“ de—
vornehmen Patrizierhauses und
wartete auf den, von dessen Ur—
eilsspruch seine Zukunft abhing.
Es dauerte lange, bis Vest—
ner kam.
Bewundernd schweifte Willibalds Auge indeß in dem hohen,
weiten Gemach umher. Wie fremd — und doch wie wohlthuend
wirkte auf den in äußerster Einfachheit Erzogenen der ihn um—
gebende Luxus. Dieses braune Täfelwerk an Wänden und
Decke — die kostbaren Gobelins — die schweren, orientalischen
Teppiche, die metallenen Vasen und Büsten — wie schön, wie
vornehm das Alles! Und dort!
Scheu und leise betrat er das reizende Chörlein, durch
dessen Butzenscheiben und mattgrüne Seidenvorhänge die Sonnen—
strahlen lugten; mit Entzücken nahm er den Strickkorb auf dem
zierlichen Tischchen wahr, der diesen Platz wohl als Arbeitseckchen
der Geliebten kennzeichnete.
Wieder in das Zimmer zurückgekehrt, begann er die übrige
Einrichtung desselben zu betrachten: den großen Tisch aus Eichen—
holz, die steiflehnigen Ledersessel, die wunderlich geschnitzte Truhe
an der Wand und den mit Silbergeräten, Schmuck etc. angefüllten