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herbe Schönheit umgeben. Manch kühne Hand sticht sich blutig
daran, so auch der „Eine,“ der's nicht verdient hätte.
Die Märzenstürme wehen, das erste süße Frühlingsahnen
zieht durch die Natur, erfüllt die Herzen mit jenem unnennbaren
Hoffen und Sehnen, das dem Kommenden blindlings entgegen—
jauchzt, nach langer, banger Winterhaft. Da kommt der ver—
hängnisvolle Tag, an dem ein geschniegelter Herr, mit grauem
Barte im Thorwarthäuschen vorspricht.
In eingehender Rede legt er dem erstaunten Thorwarte
seine guten, wohlgeordneten Verhältnisse klar, weist sich als ehr—
baren, wohlhabenden Bürger der Stadt aus und hält in aller
form um die Hand der Tochter an.
Wohl ist der Vater überrascht, doch er kann an dem Freier
nichts aussetzen. Die Mutter erschrickt, sie hat durch die Ge—
vatterinnen munkeln hören von einem Freier, der sich einstellen
würde, einem vornehmen Herrn, der „ältere Rechte“ auf das
Mädchen, die Resi hätt'. Sie hat auch gehört, daß ihre Vor—
gängerin selbst es gewesen, die in trüber Stunde den sonderbaren
Pakt geschlossen hat.
Und ach! Nun steht er da, will mit „seinem Gelde“ ein
blühendes Leben erkaufen . . . . der alternde Mann und die
jugendschöne Resi mit 17 Jahren!
Es wird ihr so weh ums Herz bei dem Gedanken, das
Mädchen könnt' sich verblenden lassen. Die Resi ist nicht daheim.
Der Vater will mit ihr reden. Zwingen wird er sie nicht, aber
hindern auch nicht. Der Herr kann sich die Antwort ja holen.
Mit ängstlicher Spannung beobachtete die Thorwärterin
der Tochter Mienen, als ihr der Vater am Mittag Mitteilung
macht von dem ehrenden Antrag, der ihr gestellt wird, und sie
fragt ob sie ihn annehmen wolle?
„Der Alte mit dem Mondschein auf dem Dach?“ fragt sie
wegwerfend, „den“ — ein Blick in das angstvolle Gesicht der
Mutter — und trotzig ruft sie: „den nehm ich, ja! Aber sagt's
ihm noch nicht. Er braucht nicht zu wissen, daß es so leicht ist,
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