Gigerln“ hinter den Stadtmauern zu den Ausnahmen. Im großen
Ganzen finden sich dort noch vorwiegend die ursprünglichen,
schmalen, winkelig gebauten Häuser vor, mit ihren kleinen Haus—
thüren, den ungleich verteilten, oft ganz winzigen Fensterlein, den
vielen Vorsprüngen und überhängenden Vorbauten und den ziegel—
belegten hohen Giebeldächern.
Hart an der Innenseite der Stadtmauer haben fleißige
Hände hie und da die Miniaturidee eines Gärtchens verwirklicht;
sorgsam umgeben alte Planken und Bretter einen blühenden
Obstbaum, an dessen Fuße einige Schollen bebauter Erde frisches
Grün aufweisen, oder ein wohlgepflegter Weinstock rankt sich
lebensmutig, junge Triebe und Sprossen zeigend, an den grauen
Mauersteinen hinan.
Die Freude, welche ein derartiger Gartenbau den Erzeugern
gewährt, steht sicher der des großen Gärtners an seinen Pracht—
anlagen nicht nach. Viele der niederen Fensterlein bieten noch
hinlänglich Raum für ein Blumenbrett, das, mit blühenden
Pflanzen geschmückt, dem Vorübergehenden verrät, daß auch hier
„hinten“ Sinn für die Kinder des Frühlings lebt. Arbeitsame,
schwielige Hände finden in einem freien Stündchen die nötige
Zeit, um des Lebens ernste Seiten mit der holden Poesie der
Natur zu zieren, die verschönernd und versöhnend aus dem blauen
Sterne des Vergißmeinnicht, dem leuchtenden Rot der Geranien,
dem satten Carmin der Nelken, dem keuschen Weiß der Lilien,
dem saftigen Grün des Epheu strahlt. Ja, die schönsten, ein—
heimischen Blüten sind nicht allein in den Gärten und Anlagen
zuhause, sie können sich auch in voller Pracht im stillen Schatten
einer Stadtmauer entfalten! — Nur muß man vertraut sein mit
dem abgeschiedenen Standorte, um sie zu finden.
Ich habe deren manche kennen gelernt, und wer an einer
harmlosen Plauderei Gefallen hat, dem will ich gerne aus dem
Schatzkästlein meines Wissens mitteilen, ihm einige der schönen
Blüten verraten, die ich auf meinen Wanderungen binter der
Stadtmauer entdeckt.
Soll ich beginnen mit der ältesten meiner Erzählungen, der
schlichten, aber wahren Geschichte vom „blühenden Nelkenstocke
beim Hallerthore“ “)
Das „Hallerthürlein“ war
zur Zeit, da meine „Unaussprech—
lichen“ nicht weiter als bis zu
den Knien reichten, noch ein
„richtiges, altes Nürnbergerthor“,
das den Ausgang vom Maxplat
zur Hallerwiese bildete.
Für meine Knaben—
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Altes Hallerthürlein.
Phantasie zählte ein Spaziergang durchs Hallerthor immer zu
den Genüssen. Ich hatte meine Gründe dazu. Erstens gefiel
mir der gemütliche Durchschlupf durch das niedere Thürlein, mit
der stark ansteigenden Holzbrücke davor an und für sich aus—
nehmend gut. Zweitens ging ihm gewöhnlich der Weg über den
„schwankenden, wonnigschaukelnden Kettensteg“ voraus. Auch
ein Glanzpunkt aus meinen ersten Knabenerinnerungen! — Wie