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Bild jedem geläufig und jene Gegenüberstellung ohne weiteres ver-
ständlich war, bedarf wohl keiner längeren Ausführung mehr. Wie
sehr aber die beiden Gegenbilder Dürers mitten in der grossen Kunst-
welt jener Jahre stehen, möchte ich durch einen kurzen Excurs
noch erweitern. Wir begegneten unter den aufgeführten Kunstdenk-
mälern zuerst bei den Brandenburger Wandgemälden der Medizin als
einer Art selbständigen Führerin der mechanischen Künste, und ihr
gegenüber sahen wir die Jurisprudenz d. h. die beiden Verkörperungen
des römischen und des canonischen Rechtes, ebenfalls selbständig.
Den philosophischen Einteilungsprinzipien des frühen und hohen
Mittelalters entspricht das nicht. Da wird das Recht unter den
freien Künsten untergebracht, — gewöhnlich bei der Rhetorik —,
die Medizin, wie wir vielfach sahen, bei den mechanischen Künsten.
Aber die Praxis war mächtiger. Es war ganz naturgemäss, dass
sich diese beiden Wissensgebiete, namentlich seit dem Vordringen
der Laienkultur vom 13. Jahrhundert an, so schnell entwickelten,
dass sie notwendig den allgemeinen Verband sprengen mussten.
Und zwar mag sich dies gerade bei der Aufstellung der Bücher
in den Bibliotheksräumen zuerst fühlbar gemacht haben. Bald
genug werden Medizin und Jura ihre eigene volle Wand zur
Aufstellung beansprucht haben neben der der Gesamtphilosophie zu-
gewiesenen Bücherwand. Damit ergab es sich von selbst, an. jede
der vier Wände über dem Büchergestell eine Allegorie des be-
treffenden Faches aufzumalen, also der Symmetrie halber vier gleich-
wertige Frauengestalten mit ihren Attributen und Vertretern,
Sinnbilder der vier „Facultäten“, eher vielleicht noch, als die
Scheidung des Wissens in 4 Facultäten an den Universitäten sich
durchzusetzen vermochte. Der alte gemeinsame philosophische
Ausgangspunkt aller weltlichen Wissenschaften ..ist aber an den
Universitäten noch lange fühlbar geblieben in der KEinrichtung,
dass jeder Student der Medizin und der.. Jurisprudenz‘. zuvor
die „Artistenfakultät“, die philosophische, ‚durchlaufen, vielfach
sogar den „Magister der freien. Künste“ absolvieren musste,
ein Titel,. der‘ja an. manchen Universitäten noch heute besteht.
Auch bei den Beschreibungen der Bildercyclen von St. Albans,
Niederaltaich und Brandenburg hat man das Gefühl, dass deren
Verfasser die drei weltlichen Facultäten noch als eine Art Einheit
gegenüber der ersten und höchsten Facultät, der Theologie, auf-