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torik und Dialektik, — die etwa seit dem 9. Jahrhundert n. Chr.
zusammenfassend das „Trivium“, der Dreiweg, genannt werden,
— dann Geom etrie, Arithmetikg)Astronomie un‘ Musik,
das spätere „Quadrivium“. Der eigentliche Vermittler dieses
Schemas, zugleich die Quelle für die in allen Jahrhunderten be-
liebte künstlerische Darstellung dieser „sieben freien Künste“,
war Marcianus Capella (1. Hälfte des 5. Jahrhunderts), der
in seinem „Satyricon‘“ die Hochzeit des Mercur mit der Philologie
durch das Auftreten der sieben freien Künste verschönern lässt.
Dieses unzählige Male abgeschriebene Haus- und Handbuch mit-
telalterlicher Gelehrsamkeit, das „auf der Grenzscheide zweier
Welten stehend, von dem letzten Wiederschein antiken Lebens
und der Morgendämmerung der neuen theologisch-scholastischen
Periode’ seltsam beleuchtet wird“,! hat die Siebenzahl für die pro-
fanen Wissenszweige canonisch gemacht. Genau so finden wir sie
dann wieder bei Isidor und all den mittelalterlichen Encyklopä-
disten, und in der weltlichen Dichtung durch den „Roman de la
rose“ hindurch bis zum Weisskunig und Theuerdanck. Unschwer
lassen sich die Abzeichen verschiedener freien Künste auf Dürers
Melancholie erkennen. Bei der grossen Zahl der dort dargestellten
Gegenstände sehen wir aber sofort, dass wir mit der Siebenzahl
allein nicht auskommen. Forschen wir daher zunächst der Aus-
gestaltung jenes mittelalterlichen Gedankenkreises noch etwas
weiter nach.
Mit der Einteilung des gesamten profanen Wissens in die
Siebenzahl der freien Künste ist man von Anfang an nicht recht
ausgekommen. An der heiligen Zahl. grundsätzlich zu rütteln
wagte man nicht, dazu hatte das Mittelalter zu grossen Respect
vor überkoinmenen Formen und Systemen. Aber man half sich,
indem man das, was hier nicht unterzubringen war, als eine Art
iJ, v. Schlosser, Beitr., zur Kunstgesch. aus den Schrift-
quellen des frühen M. A., Wiener Sitz. Ber. 1890, 123 S. 128. — Für
die nachfolgenden Ausführungen zu vergl. Piper, Einleitung in die
monumentale Theologie (1867). Ferner Fritz Baumgarten «Die
7 freien Künste in der Vorhalle des Freiburger Münsters», im «Schau-
ins-Land» 1898. Als eine vortreffliche zusammenfassende Studie ist
der Aufsatz von J. v. Schlosser zu nennen: «Giusto’s Fresken in
Padua und die Vorläufer der Stanza della Segnatura»,. Jahrb. der
Kunstsammlungen des allerhöchsten Kaiserhauses Bd. XVII (1896).