Objekt: Beiträge zu Dürers Weltanschauung

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denz (= Rhetorik) unter den freien Künsten vertreten sein. Zeigt 
doch auch die gleichzeitige Illustration der Margaritha philosophica 
bei der dritten freien Kunst eine Darstellung der Justicia an Stelle 
der Rhetorica (Buch 2, Tractat VII): Schwert und Lilie 
gehen aus dem Munde der Frau hervor, „Justicia“ steht auf dem 
Gürtel ihres Gewandes geschrieben und über ihr thront der 
Kaiser Justinian und hält ein Buch „Leges“ empor. Auf dem 
Titelblatte des gleichen Werkes hält die Personification der Rhe- 
torik eine gesiegelte Urkunde in Händen, also auch ein Hinweis 
auf juristische Thätigkeit. Auf Dürers Stich dürfen wir wohl die 
Waage, dieses vornehmste Symbol der Frau Justicia, hierfür in 
Anspruch nehmen. Sie ist oberhalb des Vertreters der Grammatik 
aufgehängt. 
Damit wäre das „Trivium“ erledigt. Wir kommen zum 
Quadrivium und hier zuerst zur Arithmetik. Dass Dürer diese 
erste Grundlage seiner Lieblingswissenschaft, der Mathematik, beson- 
ders hervorheben wird, darf man von vornherein annehmen. Ihr 
Attribut ist leicht zu erkennen und durch helle Beleuchtung merk- 
lich herausgehoben : die Zahlentafel die oberhalb der Frauen- 
gestalt in das Mauerwerk eingelassen ist. Es ist ein sog. „magisches 
Quadrat“, dessen Zahlen in jeder Reihe senkrecht oder wagrecht 
oder in der Diagonale addiert jedes Mal die Zahl 34 ergeben 
Günther! teilt mit, dass über diese, eine Aufgabe aus dem Ge- 
biete der Zahlenlehre darstellenden, Quadrate der Grieche Manuel 
Moschopulos (14. Jahrhundert) einen Traktat geschrieben habe, 
der im Abendlande wohl durch griechische Flüchtlinge nach dem 
Falle Constantinopels bekannt wurde. Dürer sei der erste, bei 
dem man der Kenntnis dieses Quadrates begegne. Doch seien 
seine Zahlen anders als bei Moschopulos, mithin eine selbständige 
neue Aufgabe. Zucker? fügt hinzu, dass im Orient noch heute 
ähnliche mavische Quadrate bei den Zauberern im Gebrauch seien. 
Ich möchte die Frage aufwerfen, ob nicht vielleicht die Geschichte 
der magischen Quadrate sich noch über Dürer und Moschopulos 
1 Gesch. des mathemat. Unterrichts im deutschen Mittelalter bis 
zum Jahre 1525, Berlin (887. (Bd. 3 der «Monumenta Germanlae pae- 
dagogica» hrsgb. v. Kehrbach) S. 35 Anm. und S. 356. 
2 Zucker. Dürer. Halle 1900 Anm. O01I1y 4.
	        
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