Volltext: Das Nachleben des Hans Sachs vom XVI. bis ins XIX. Jahrhundert

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spiel Hans Sachs. „Was hatte Hanß Sachse zu Nürenberg studiret? 
Er war (mit Ehren zu melden) ein Schuster seines Handwercks und 
sein Schuster-Geist ging dennoch ultra crepidam: Wurde er nicht 
ain berühmter PoetenFürst, signum interrogationis.“ Wir erinnern 
uns, etwas Ähnliches, allerdings in ehrendem Sinne, auch bei 
Jakob Vogel gelesen zu haben (s. o. S. 738). Ähnlich wie Sacer ist 
später Christian Weise gegen die Zunftpoeten zu Felde gezogen 
‘s. u. S. 91). Einen tieferen Einblick in Hans Sachsens Dich- 
jungsweise hat Sacer nicht gehabt, er hat den Meistersänger mit 
eingeschlachtet, weil das eben bei Leuten so gang und gäbe war, 
die, ohne Hans Sachs näher zu kennen, einfach dem Hörensagen 
y]aubten. Die Witze mit Schuhleisten und Pech u. s. w. waren 
übrigens sehr wohlfeil. Hätte Hans Sachs nicht dem Schusterhand- 
werk angehört, er wäre in der Folgezeit unzweifelhaft viel @limpf- 
licher weggekommen. 
Bei den gelehrten Renaissance-Poeten war also kein Verständnis 
für Hans Sachs vorauszusetzen, ihre Dicht- und Denkweise bewegte 
sich in einem künstlich hergestellten Regelnzwang, der sie in dem 
Reiche ihrer Poesie wie mit einem Schutzwalle umgab und so von 
allem, was aus natürlichem, volkstümlichen Empfinden hervorquoll, 
durch eine Scheidewand trennte. Und doch ereignete sich hier das 
beinahe Wunderbare, daß ein Hauptvertreter des Schwulststiles, der 
Ahnherr der galanten Poeten, Christian Hofmann von Hofmanns- 
waldau, über den Nürnberger Meistersänger ein durchaus objektives 
ınd zutreffendes Urteil fällte, das uns umsomehr überrascht, als wir 
den Weg nicht aufdecken können, auf dem der Schlesier Hofmanns- 
waldau zu seinem Urteile über Hans Sachs gelangt sein mochte. Wir 
dürfen mit Sicherheit annehmen, daß Hofmannswaldau Werke des Hans 
Sachs gekannt hat. Das will in Schlesien immerhin etwas bedeuten. 
Denn daß der Meistergesang in Schlesien besonders gepflegt worden 
wäre, ist nicht nachzuweisen. Erst 1598 wurde die Ordnung für die 
3chule der Meistersänger in Breslau vom Rate bestätigt, 1 zu einer 
Zeit, da Adam Puschman, der Schüler Hans Sachsens, dort noch 
lebte (+ 4. April 1600). Es wäre nun leicht denkbar, daß Hof- 
nannswaldau, der am 25. Dezember 1617 zu Breslau geboren 
| 1 Vgl. Hermann Palm, Beitraege zur Geschichte der deutschen 
Literatur des XVI. und XVII. Jahrhäts., Breslau, 1877, S. 128.
	        
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