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veröffentlichen, denn die Zuhörer gehörten zum großen Teile nicht
den gelehrten Kreisen an. Bei dieser Tätigkeit sehen wir den
Magister und Meistersänger Wolfhart Spangenberg, dessen poe-
tisches Schaffen noch weiterhin unsere Aufmerksamkeit erfordern
wird. In Straßburg war auch ein Boden, dem rege Teilnahme für
dramatisches Leben entsproß. Neben den Aufführungen auf dem
Akademie-Theater stoßen wir auf solche der Meistersänger. Diese
entfalteten während des 17. Jahrhunderts eine lebhafte theatralische
Tätigkeit und griffen bei der Wahl ihrer Stücke auch manchmal
nach Hans Sachs, auf dessen Einfluß die Literaturforschung zum
Teil auch das Zurücktreten des Massendramas im Elsaß zurück-
geführt hat.! Sachsens Name erscheint zwar nicht genannt, aber
wenn die Meistersänger am 27. Februar 1613 beim Rate ansuchen,
das „Narrenschneiden“ aufführen zu dürfen, so ist dabei gewiß an
Hans Sachs zu denken. Bei anderen Stücken ist dies unsicherer.*
Das eine steht im Straßburger Bühnenleben jedesfalls fest: es bestand
ein Wechselverkehr zwischen gelehrten und nicht gelehrten Kreisen.
Die gelehrte Welt bot dem Volke nicht nur Schauspiele dar, deren
besseres Verständnis sie wenigstens durch deutsche Argumente den
Laienkreisen zu erschließen suchte, es stieg auch selbst ein Gelehrter
wie Magister Wolfhart Spangenberg unter die Meistersänger hinab.
Zwar hatte vordem Jonas Bitner, 1542 Lehrer am Gymnasium in
Straßburg (gest. 1590), den „Jephta“ des Buchanan (gedruckt 1569)
und die „Menächmen“ des Plautus (1570) übersetzt, um die Sache
besser zu machen als Hans Sachs,? jetzt aber verschmähte es Wolf-
hart Spangenberg nicht, bei Hans Sachs in die Schule zu gehen.
Schon der Vater Wolfharts, Cyriacus Spangenberg, der als
Prediger wechselvolle Schicksale erlebt hat (gest. 10. Februar 1604
zu Straßburg), hat sich mit der Theorie des Meistergesanges befaßt
und sein Buch „Von der edlen und hochberüembten Kunst der
Musica, ... auch wie die Meistersenger auffkhommenn vollkhommener
Bericht“ (Straßburg, 1598) der Gesellschaft der Meistersänger in
Straßburg gewidmet. Bei der Abfassung dieser Abhandlung hat
1 Vgl. Wilhelm Scherer, Geschichte der deutschen Literatur, 8. Aufl.,
Berlin, 1899, S. 305.
2 Vgl. E. Martin, Urkundliches über die Meistersänger zu Straßburg
in den Straßburger Studien 1 (1883) S. 76 ff., besonders S. 93.
3 Vol. Alle. deutsche Biographie 2. 1875, S. 683.