malt haben. Ja, er kann überhaupt die Pfeiler nicht gemalt haben,
so wie wir sie Jetzt sehen. Dick und schmierig sitzt die Farbe
hier auf, und nicht einmal gleichmäßig dick. Die Füße des Engels
rechts oben sehen aus wie in Schlamm versunken. Man werfe nur
einen Blick auf die Madonna oder das Kind: da ist der Auftrag
von meisterhafter Zartheit; auch wo starke Modellierung gegeben
ist, bleibt die Farbschicht leicht und graziös — eben von der Fein-
heit, die wir an den Primitiven schätzen, die seitdem nicht wieder
da gewesen ist. Friedrich Lippmann hat einmal gesagt, auch die
glatteste Stelle eines neueren Bildes müßte man bei einem alten
Bild für eine Retusche halten. Diese Pfeiler würden uns in einem
späteren Bild nicht besonders auffallen, hier schreien sie förmlich.
Natürlich wer nur die Photographie vor sich hat, glaubt mir das
einfach nicht: Verlegenheitsausrede, was ihm nicht paßt, erklärt er
für übermalt. Deshalb möchte ich noch folgendes mitteilen. Nimmt
man das Bild aus dem Rahmen heraus, so findet man die alte
Leinwand an den Seiten etwas umgeschlagen: auf den umge-
schlagenen Flächen sieht man die alte Farbe in dem feinen ele-
ganten Auftrag wie bei den Figuren; die roh aufgetragene Farb-
schicht geht jedoch mitsamt den schönen Fugen nur bis an den
jetzigen Bildrand. An der oberen Seite ist die alte Leinwand
gleichfalls ein Stück weit umgeschlagen, jedoch mit. einer kleinen
Leiste vernagelt. Entfernt man diese, so sieht man zunächst
mit Betrübnis, wie das Bild hier abgeschnitten ist, in roher Zick-
zacklinie: der betreffende Vandale hat nicht einmal schneiden
können. Die alte Farbe nun geht auch hier weiter, bis an jene
Zickzacklinie, wie man bei den farbig bekleideten Engeln zu sehen
nicht umhin kann. Der linke Pfeiler ist hier oben durch den Engel
verdeckt (die Leinwand ist an der linken Ecke besonders kurz ab-
geschnitten); an der rechten Ecke jedoch müßte der Pfeiler weiter-
gehen, aber er stoppt an dem jetzigen Bildrand.*)
a
*) Dasselbe gilt übrigens auch von dem grauen Ton im oberen Teil der Zimmer-
wand, der ebenso barbarisch aufgemalt ist wie die Pfeiler (ein geübtes Auge wird das
schon auf unserer Abbildung 3 erkennen, namentlich über der Krone), und ebenso
präzis an dem jetzigen Bildrand stoppt, während der alte feine Ton weitergeht.