Volltext: Veit Stoß und seine Schule in Deutschland, Polen und Ungarn

aus Veits eigenem Wesen zu erklären, denn er selbst besass 
auch diesen stolzen Charakter. Ferner für Stoss spricht die 
harte Ausarbeitung der Gesichtszüge, die deshalb nicht etwa 
nur so hart sind, weil sie in rot und weiss geflecktem Marmor 
gearbeitet sind, sondern weil sie ganz der Art entsprechen, wenn 
Stoss in Stein arbeitete. Der schlafende Johannes auf dem Öl- 
berg‘ in St. Sebald, der in Sandstein gehauen ist, zeigt dieselbe 
Technik (Fig. 21); ja die tiefliegenden Augen, die ähnliche Nase, 
der breite Mund und die tiefen furchenartigen Falten, die von den 
Nasenflügeln aus die Seiten des Mundes umziehen, bewirken 
eine nicht geringe Ähnlichkeit beider Porträts. 
Sokolowski, der nur das Holzmodell als eigenhändige Arbeit 
Veit Stoss’ annahm, stellte die irrtümliche Ansicht auf, dass alle 
steinernen Werke vom Meister nicht eigenhändig ausgeführt, 
sondern von Steinarbeitern nach seinen Modellen gearbeitet 
seien. Es hätte nicht im Bereiche seiner Zunft gelegen, auch 
als Bildhauer tätig zu sein.‘!l) Dies habe ich bereits aus der 
Urkunde vom ı. Februar 1503 im Nürnberger Stadtarchiv, worin 
Stoss ausdrücklich Bildschnitzer und Steinhauer genannt wird, 
widerlegt. Wir werden also deshalb auch alle in der Krakauer 
Zeit gefertigten Steinwerke ohne Bedenken für eigenhändige 
Arbeiten Veits halten müssen, insofern sie nicht deutliche Merk- 
male von Schularbeit an sich tragen.*?) Der energischen Realistik 
und dem bewegungslosen und doch wieder unruhigen Charakter 
nach scheint die Grabplatte in der Zeit des grossen Altars 
entstanden zu sein und wahrscheinlich in den Anfangsjahren 
des beglaubigten Krakauer Aufenthaltes. Die Frage nach 
der Persönlichkeit des Verstorbenen wird diese Ansicht der 
frühen Datierung bestärken und zugleich die Provenienz des 
Grabmals aus der Stoss-Werkstatt rechtfertigen. Polkowski*®) 
vermutete dem von zwei Hunden bewachten Wappen Poraj 
zufolge, dass der Erzbischof Andreas I. Boryszewski. der 1510 
41) Sokolowski, Sprawozdania B. VI. p. 162. 
42) Sokolowski rectificierte auf Grund jener Urkunde (abgedr. in Daun, Krafft etc. 
1897, p. 75) seine Ansicht. (Studva do historyvi Rzeibv w Polsce w XV i XVI 
wieku I90I, p. 37.) 
43\ Polkowski. Katedra Gniezniehska 1874, p. 89.
	        
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