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Durchbruch von Manier, die den Ausdruck gleichgiltig macht
und den seelischen Inhalt zu weit zurückdrängt, was wiederum
ein Beweis ist, dass bei einer Reihe von Meistern der Einfluss
der Renaissance nichts weniger als vorteilhaft auf die Ent-
wickelung ihrer künstlerischen Selbständigkeit war.
Man vergleiche einmal den Johannisaltar der Florianskirche
zu Krakau mit dem Stanislausaltar! Wohl tritt der Unterschied
zwischen beiden Altären deutlich genug zu Tage; und dennoch:
eine gewisse Ähnlichkeit im künstlerischen Charakter ist vor-
handen. Verschiedene Jahre trennen ihre Entstehung. Dieser
Zwischenraum aber macht gerade die äusserliche Verschieden-
heit der Auffassung erklärlich. Beim Stanislausaltar war es ein
erster Versuch, renaissancemässig zu arbeiten, beim Johannisaltar
ist ein offenes Bekennen der Vorliebe für italienische Relief-
behandlung und Faltengebung dargelegt. Beim kKknieenden
Ministranten auf der Ermordung des hl. Stanislaus waren die
Falten schon renaissancemässig gezogen, auf den inneren Reliefs
des Johannisaltars ist mit grösserem Verständnis der Faltenwurf
der Körperform und. Bewegung angepasst, so dass dieses Schnitz-
werk als eine reifere Frucht des Renaissancestudiums anzusehen
st. Die massige Haarbehandlung und die derben runden Ge-
sichter, ebenso die flüchtige Durchbildung der kurzen Hände,
das steife Sitzen und die geringe Teilnahme am Vorgange bei
den herumgruppierten Figuren bieten tatsächlich Analogien zum
Stanislausaltar.”!)
Nicht verhehlen wollen wir, dass eine Zuweisung, die auf
keinen urkundlichen Beleg gegründet, sondern nur stilkritischen
Vergleichen entsprungen ist, sehr leicht eine allzu starke Färbung
des persönlichen Gefühls des Autors bekommen kann. Gerade
bei den grossen Meistern ist mit äusserster Vorsicht die Stil-
kritik anzuwenden, denn sie machen die grössten Wandlungen
durch, und oft scheinen Werke weit auseinander liegender Jahre
71) Vgl. auf der Predigt Johannis den neben dem Felsen Sitzenden mit dem
zu hinterst Stehenden auf dem Kauf eines Landstückes vom Stanislausaltar (beidemal eine
ähnliche fast karikierte Mundstellung); den neben dem dritten der hintersten Reihe auf
der Predigt Johannis mit dem, der die rechte Hand auf das Geld legt, auf diesem Relief des
Kaufes; ferner den rundgezogenen Mund dessen, der mit der Hand die rechte Seite des
Gesichts verdeckt, mit dem in der Mitte Knieenden auf der Auferweckung des Pietrowin.