Stoss-Schule.
Aus Anregung der deutschen Schule hatten sich Malerei
und die ihr verwandte Schnitzkunst in Krakau entwickelt.
Deutscher Charakter war in ihr deshalb vorherrschend gewesen.
Allmählich aber nimmt die Krakauer Bildnerei ein Örtliches
zepräge an, und bereits am Ende des fünfzehnten Jahrhunderts
:reten polnische Typen auf. Polnischer Charakter prägt sich seit
lem ersten Jahrzehnt des sechzehnten Jahrhunderts immer deut-
icher in den Krakauer Kunstwerken aus. Zugewanderte deut-
sche Meister eignen sich polnische Form und Sitte an und legen
sie nach der Rückkehr in ihre deutsche Heimat nur schwer
wieder ab.168)
Die bunte Königsstadt Krakau, wo die Zunftregel es zu-
liess, dass viele Gesellen in einer Werkstatt arbeiteten, hatte
sich damals in Polen als die Stätte ausgebildet, die den Kunst-
jedarf der Umgegend deckte.!®) Nebenher trugen in Krakau
ausgebildete Schnitzer den Einfluss der Krakauer Schule in die
Nachbarländer. Als bedeutendste bildete natürlich die Stoss-
schule den Mittelpunkt, und bis in die kleinsten Ortschaften
Polens hinein, ja bis nach Oberungarn drangen ihre noch heute
erkennbaren Züge, Die politischen Beziehungen beider Länder
zamen dem zugute. Als im Jahre ı412z von Kaiser Sigismund
lie sechzehn Zipser Städte an Wladislaus Jagello von Polen
verpfändet wurden und die Grafschaft im Besitze Polens ver-
165) Das beste Beispiel hierfür ist Veit Stoss selbst, der in Nürnberg polnische
Typen beibehielt, weshalb man ihn nicht mit Unrecht den Polen nannte, wie Neu-
lörffer berichtet,
469\ In Bardyöw z. B. wurden die meisten Bedürfnisse aus Krakau gedeckt.