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Das punische Wachs ist kein Wachs mehr; dasselbe ist durch
die Verseifung völlig in seiner Natur verändert und lässt sich
in der Verbindung mit Kalk und in geringen Mengen nur schwer,
bei Anwesenheit eines roten Eisenoxydes als Farbstoff über-
haupt kaum chemisch nachweisen, Die chemischen Analysen von Chevreul
und Geiger, auch John, stimmen thatsächlich mit diesem System der Wandmalerei
überein.
Die genauere Auseinandersetzung, wieso man bisher die gemachten chemischen
Analysen von Chaptal, Davy, John etc. missverstehen und die Meinung sich
befestigen konnte, in Rom und Pompeji seien die Wandbilder a fresco gemalt, will ich
hier übergehen und verweise auf meine Publikation (Beiträge zur Entwickelungs-
geschichte der Maltechnik, München 1893), welche ich mir erlaubt habe, in etlichen
Exemplaren mitzubringen, und die den Mitgliedern des Kongresses zur Verfügung
stehen. Ich will nur so viel hervorheben, dass die Beweise, welche von den Ver-
tretern des Fresco immer wieder hervorgeholt werden, einer genauen Kontrole
nicht Stich halten können; so hat ;
I. Chaptal bemalte Stücke überhaupt nicht untersucht;
2. Davy sich nur um die Bestimmung von Farbpigmenten bemüht und seine
Untersuchungen so allgemein gehalten, dass dieselben nicht mehr kon-
troliert werden können.
Lässt uns der namenlose „Münchener, Professor“ im ungewissen, wie und
wo er seine mit Davys übereinstimmenden Untersuchungen gemacht hat und
fand John eine organische Substanz, welche er nur wegen zu geringer
Menge nicht bestimmen konnte.
Die chemischen Analysen von Chevreul und Geiger hingegen sind von den
‚origen schon äusserlich dadurch unterschieden, dass in denselben auch die kleinsten
Details vermerkt sind und dadurch deren genaue Kontrole möglich ist. Wie
vereits erwähnt, stimmen diese Untersuchungen mit meinen neuen Aufstellungen
vollkommen überein, und werden geringe Unterschiede sich darauf zurückführen
lassen, dass verschiedene Farben auch verschiedene Mengen von Bindemitteln
bedürfen, und dass je nach den Zwecken die Anstriche verschieden behandelt sein
werden. Man kann doch bestimmt annehmen, dass die Alten, ebenso wie wir
heute, Atrien und Prunkräume anders behandelt haben werden als gewöhnliche
Wirtschaftsräume etc. Dies ist ja alles so selbstverständlich, dass es kaum erwähnens-
wert scheint, aber doch zu bedenken, weil von mancher Seite eine Generalisierung
der ganzen Technik nach einer oder zwei Untersuchungen beliebt worden ist.
Um Ihnen deutlich zu machen, wie wir uns die technische Ausführung von
Wandmalerei in Pompeji vorstellen müssen, ‚habe ich hier einige Beispiele mit-
gebracht. Die Unterlagen sind genau nach Vitruvs Angaben angefertigt. Nach
der Berappung die zwei Lagen von Marmorstuck und die dritte feinste mit Farbe
gemischte Stucklage mittelst der Eisenspachtel aufgetragen; unter Einem wurde die
Einteilung in farbige Felder bewerkstelligt. Die Tectores bedienten sich dabei
bestimmter Instrumente aus Bronze mit oben abgebogenem Ende, wie ich sie in
mehreren Exemplaren im Museum von Neapel (Saal der kleinen Bronzen, Kasten
LXVT) gefunden habe, und die kaum einem anderen Zwecke dienen können. Der
mit der Farbe und Kalk verbundene. Marmorbrei für die letzte Stucklage wird mit
einer KEisenspachtel, wie sie auch im Museum von Neapel mehrfach vorhanden
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