Volltext: Offizieller Bericht über die Verhandlungen des Kunsthistorischen Kongresses zu Nürnberg

ausbilden können. Seit langer Zeit hat dieses Projekt in der Luft gelegen, und 
wiederholte Versuche sind gemacht worden, es zu verwirklichen. Die Archäologen 
erfreuen sich einer ähnlichen Anstalt seit mehr als 60 Jahren. Es gilt jetzt, endlich 
einmal die Gründung eines Instituts auch für die neuere Kunstforschung energisch 
in die Hand zu nehmen. Sobald es bekannt geworden war, dass ich einen darauf 
bezüglichen Antrag stellen wollte, äusserten sich mir gegenüber brieflich viele 
Stimmen sympathisch. Einige Herren haben sich auch zum Wort gemeldet, und ich 
arteile dusselbe zunächst Herrn Professor Zimmermann. 
Professor M. G. Zimmermann: Meine Herren! Es ist nicht so sehr 
meine Absicht, Ihnen bestimmt formulierte Vorschläge zu machen, als nur im 
allgemeinen den Gedankengang zu kennzeichnen, in welchem man sich meiner 
Ansicht nach bei der Gründung eines kunstgeschichtlichen Instituts bewegen müsste. 
Wenn wir bei der Wahl des Ortes für ein Institut allein unsern Patriotismus 
mitsprechen liessen, so würden wir uns für eine Stadt in Deutschland entscheiden. 
Aber in Deutschland haben wir ausser den Universitäten, an denen die jungen 
Kunsthistoriker ausgebildet werden, eine Reihe von vorzüglichen Bibliotheken und 
Abbildungssammlungen, welche die kunstgeschichtliche Arbeit in augiebigem Maasse 
unterstützen. Es handelt sich bei der Gründung eines kunstgeschichtlichen Instituts 
um das Studium der Kunstgeschichte an Ort und Stelle. Für die Forschung 
in der deutschen Kunstgeschichte ist ein Zentralpunkt im Germanischen Museum 
gegeben. Dagegen fehlt uns ein solcher für die italienische Kunstgeschichte. Grade 
in Florenz, einer Hauptstätte der kunstgeschichtlichen Forschung, wird schon jeder 
den Mangel einer Fach-Bibliothek und einer Abbildungssammlung aufs unangenehmste 
empfunden haben. Die florentinische Kunst ist in ihrer Entwickelung so viel 
organischer als jede andere, dass Florenz auch die beste Gelegenheit zur Schulung 
junger Kunsthistoriker bietet. Die Reise nach Italien soll ergänzend zum Studium 
an den Universitäten hinzutreten. Was für den Mediziner die Section des 
menschlichen Körpers oder die Beobachtung des lebenden Objektes ist, das ist für 
den Kunsthistoriker das Studium der Originalwerke an Ort und Stelle ihrer Entstehung. 
Es gilt, in dem kunstgeschichtlichen Institut, wie ich es im Auge habe, ein 
Novum zu schaffen, aber es gibt schon eine ähnliche Anstalt, das deutsche archäo- 
logische Institut in Rom, und trotzdem ich dasselbe nicht zur direkten Nachahmung 
empfehle, werden wir unsere Blicke darauf zu richten haben. 
Das Institut wurde im Jahre 1829 als Privatunternehmen gegründet unter 
dem Namen „Institut für archäologische Korrespondenz“. Eduard Gerhard, Bunsen, 
Panofka und der Herzog von Luynes traten zusammen und hielten allwöchentlich 
wissenschaftliche Versammlungen zur Vorzeigung und Besprechung neugefundener 
Monumente ab. Aus gemeinsamen Mitteln wurden die Publikationen bestritten. 
Der wunde Punkt waren von Anfang an die Finanzen. Der Ertrag der Zeitschriften 
war kärglich, grosse Vorschüsse der Sekretäre erforderlich, und namentlich ohne die 
niemals versagende Freigebigkeit des Herzogs von Luynes wäre es. nicht gelungen, 
das Institut über Wasser zu halten. Erst nach der Thronbesteigung Friedrich 
Wilhelms IV. wurde ein Staatszuschuss geleistet und das Gehalt des ersten und 
zweiten Sekretärs kündbar auf den Staatssäckel übernommen, im übrigen musste 
(las Institut wesentlich für sich selber sorgen. Es entfaltete von Anfang an eine 
doppelte Thätigkeit, in Archäologie und Epigraphik.
	        
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