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bungen der Kasematten ein und gaben dem Meteorwasser
reichlich Zugang zum Gebiete des Unterirdischen. — So ward
der Rothenberg zur modernen Ruine!
Im Jahre 1856 kehrte Berichterstatter von langiährigem
Aufenthalte im Auslande zurück, und der Besuch des lieb—
gewonnenen Waldnestes gehörte zu seinen ersten Ausflügen.
In Kersbach traf er fast unverändert den wackeren Schiffer
zur Linde als stattlichen Fünfziger, und es war ihm ein
Seelenvergnügen, mit dem Biedern sich über das frühere
Festungsleben ausplaudern zu können bei frischem Trunk
und kräftigem Imbiß. Dann ging es am wohlbekannten
Bänseweiher und dem Beckenzipfel entlang auf die Suche
nach dem damals in dichter Waldwildniß versunkenen Kirch—
hofe, wo neben dem umgestürzten Storchenau'schen Grabmal
Bertha's Hügelchen kaum zu erkennen war. Die Roßschwemme
war ein Sumpf, das Pulvermagazin mit der Wache weg—
gefegt. Die Festung selbst erschien dem fast zum Dreißiger
herangereiften Festungsjungen entsetzlich zerfallen. Wieder
wurden die älteren Lieblingsplätzchen besucht, meist mit
großer Mühe, weil mit fast undurchdringlichem Vflanzenwuchs
umstrickt. Welche Erinnerungen durchzogen dort das Gemüth,
welche Reihe lieber und ehrwürdiger, aber auch steifleinener
Gestalten zogen dem geistigen Auge vorbei!
Damals schon reifte der Entschluß, Züge aus dem Klein—
leben des 1836er Rothenbergs bis zu seinem ersten Verfall
und Schilderungen bemerkenswerther Personen nieder—
zuschreiben, in erster Linie für die eigene Familie und dann
für die späteren Forscher. Diesen Niederschriften sollten,
oder, so Gott will, sollen noch Episoden aus der früheren
Geschichte des Rothenberges von der Ganerbenzeit an folgen,
wozu Material reichlich vorhanden.
Alljährlich pilgerten wir bis vor Kurzem nach unserem
Mekka auf waldiger Bergeshöhe in fröhlicher Andacht!
Aber nun ist das Festungsidyll zu Ende! — Der
Rothenberg hat jetzt seine zwei Verschönerungs-Vereine,
Bergwirthschaften, gebahnte und bezeichnete Wege, Ruhe—