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oder drei weißen Strichen (Chevrons) am Aermel brachten,
waren in Kraut gedünstet (im Dienst ergraut), wie sie der
Landsknechtsspott taufte, und faßt man dies Alles und trotz
Königsappells und des sogenannten Beschwerderechtes während
desselben zusammen, so konnte man wohl ahnen, daß der
Kommißdienst kein Ferienkolonieleben war. Die Löhnung
war minimal, die Montur-, Propretäts- und andere Abzüge
verhältnißmäßig bedeutend, so daß zur Lebsucht fast nichts
blieb. Ausschreitungen, Monturverschleuderungen, zahlreiche
Arreste, Stockprügel und rauhe Behandlung führten zum
Auskneifen und schließlich auf die Festung. Obwohl für
blankes Desertiren die Festungsstrafe im Volksauge nichts
Entehrendes hatte, vernichtete sie doch in den meisten Fällen
die Existenzfreudigkeit und führte oft auf den dunkelsten Ab—
und Irrwegen in's Elend. Zudem wagte der Tollkühne bei
Widersetzlichkeit nach Postenanruf den sofortigen Tod ohne
Gnade.
Mögen diesen Wandergang die sogenannten Civil—
gefangenen beschließen, deren die Festung im Ganzen fünf
zählte, drei Rentbeamte und ein Gerichtsschreiber weiland,
welche Noth oder Leichtsinn ihre beschworene Diensttreue
vergessen ließ — und ein wirklicher sogenannter Staats—
gefangener, der arme Lunckenbein. Wurde Letzterer verhältniß⸗
mäßig für sein Fehl sehr streng beaufsichtigt, durfte er alle Tage
nur eine Stunde lang auf dem Walle spazieren gehen, ohne
stillstehen oder über die Brüstung hinwegschauen zu dürfen, so
bedenke man, was damals demagogische Umtriebe bedeuteten,
welche mit Todesstrafe oder langwieriger Kerkerhaft gebüßt
wurden. Wir erfuhren, daß L., ursprünglich zu 16 Jahren
Festungshaft verurtheilt, nur die Hälfte hievon abzusitzen
hatte, allein er verließ den Bereich seiner Festungstid doch
als gebrochener Mann, er war kein Kraftmensch, kein
Charakter, das bewiesen seine eingereichten, unterthänigsten,
loyalsten Gedichte, zu deren Verabfassung er nicht gezwungen
ward, und welche an maßgebender Stelle weder in dichterischer
noch staatsbürgerlicher Beziehung wohlwollend beurtheilt