Hans Sachs' ausgewählte dramatische Werke. 271
Denn Gelegenheit macht oftmals Diebe;
Werf' ihm das Kalbsmaul vor die Thuͤr, 1)
Daß er darbei erkenn' und spür',
Daß sie kein Allerweltsweib sei,
Und daß er fahre schlecht darbei.
Zum andern man draus lernen kann,
Daß sich soll hüten ein junger Mann
Vor Buhlerei und fremder Lieb',
Da also mächtig ist ihr Trieb,
Daß über ihn sie Macht gewinnt
Und ihn macht toll und/ staarenblind,
Daß er nicht weiß, was er wol thut,
Und sich in seinem tollen Muth
Gibt oft in Unglück und Gefahr,
Denn Frauen, die sind wunderbar:
Sie können oft in gutem Schein
Wol falsch und darzu freundlich sein,
Ziehn einen oft am Narrenseil,
Der hofft von ihnen Glück und Heil,
Und setzen auf ihm Eselsohren
Und machen ihn zu einem Thoren,
Nehmen, wenn er sie thut beschenken,
Und ihm das Kühmaul dann anhenken.?)
Wenn er vermeinet überaus,
Er sei in seiner Liebsten Haus,
Schließt man die Thür ihm vor der Nas';
Wer es nicht glaubt, erprobe das.
Drum spar' deine Liebe bis zur Ehe
Und lieb' nur eine dann, verstehe;
Daß dir dann Gegenlieb' erwachs/
Von deinem Weibe, wünscht Hans Sachs.
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1) d. h. weise ihn entschieden ab.
2) einen Schimpf anthun.
Ende.