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Der Ehrenhold beschließt dann regelmäßig die Darstellung mit einer
in ähnlicher Weise zum Ausdruck gebrachten Moral wie in dem „Beschluß“
bei den Spruchgedichten; meist wird diese bezogen auf alle wichtigeren
Perfonen des Stückes.
Den ersten Rang unter Sachsens dramatischen Werken nehmen
sedoch entschieden die Fastnachtsspiele ein, für welche der Dichter die Stoffe
zumeist der Gegenwart, dem Alltagsleben entnimmt. Hier entrollt er vor
uns ein getreues Bild des Lebens auf dem Markte und den Gassen seiner
Vaterstadt, des Verkehres in den Werkstätten der Handwerker u. s. w.
Es treten uns schärfer und getreuer gezeichnete Gestalten entgegen, Men⸗
schen, wie sie zu des Meisters Zeiten gelebt und gewirkt haben. Nur in
wenigen fällt es uns daher auf (z. B. in „Das Hofgesind Veneris“),
daß die Personen nicht streng nach Ort und Zeit gezeichnet, sondern, daß
sie gute Nürnberger Kinder sind. Ju den Fastnachtsspielen konnte sich
neben der reichen Lebensweisheit das freundliche Gemüth des Dichters,
die innere Zufriedenheit, der offene Sinn für Recht und Wahrheit, sowie
sein frischer Mutterwitz so recht entfalten. Und indem er die Schwächen
und sittlichen Gebrechen der einzelnen Stände in der ihm eigenen, von
jeder Lieblosigkeit entfernten Weise verspottete, wußte er durch diese zur
Unterhaltung bestimmten Dichtungen bessernd auf seine Mitbürger zu
wirken, die bisher die Fastnacht in einer, jeder Bildung spottenden wilden
und roͤhen Weise zu feiern gewohnt waren. Sachsens Dichtungen stellten
alle bisher bekannten Fastnachtsspiele in den Schatten, die alle nach der⸗
selben Schablone mit bestimmten, feststehenden Personen geschrieben waren.
Fine treffliche Idee war es ferner, daß Sachs die Zuschauer gleich mitten
in das Spiel versetzte, daß er den Ehrenhold, der im 1. Fastnachtsspiele
noch vorkam, fallen ließ. Eine der Hauptpersonen eröffnet das Spiel,
und auch den Abschluß überträgt der Dichter geschickt einer Person des
Stückes; die Moral fehlt allerdings auch hier nicht. Und so hat Hans
Sachs mit seinen Fastnachtsspielen ein wahrhaft volksthümliches Drama
geschaffen. In dem ersten Werke dieser Art (,Das Hofgesind Veneris“)
vermissen wir noch eine eigentliche Handlung, sowie einen inneren Zu⸗
sammenhang zwischen den auftretenden Personen, doch den späteren ver—
stand der Dichter dramatisches Leben zu verleihen. Unbewußt durchbrach
er in einzelnen derselben den Bann der äußerlichen Behandlungsweise, als
ob er eine Ahnung gehabt hätte von der tieferen Aufgabe der dramatischen
Dichtung. Im Aufban der Handlung, in der dramatischen Rede zeigt sich
hie und da bereits ein Ansatz zu kunstgerechter Steigerung.
Die rohe Unwissenheit, plumpe Schlauheit und Habsucht der Bauern
bildet auch hier ein Lieblingsihema des Dichters. Und das gegenseitige
Verhältniß der Stände zu jener Zeit läßt dies begreiflich erscheinen. Der
Bauernstand war zu Reichthum gelangt; dadurch übermüthig geworden,
suchte er die Sitten und Vergnügungen der höheren Stände nachzuahmen
und machte sich so lächerlich. Das rohe Treiben der Bauern ist der
Begenstaud des Fastnachtsspieles „Die Rockenstube“, ihre Einfalt wird