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Hans Sachs' ausgewählte dramatische Werke. 1II.
Der Edelmann:
Der eine mehr, der andre minder.
Drei Söhne hatt' Noah, der eine Lauer!)
Hieß Ham und ward zu einem Bauer;
Von Sem und Japhet aber kam
Der Bürger und des Adels Stamm.
Der Bauer:
Das hab' ich apders don vernommen,
Von Tugend sei der Adel kommen,
Weil Witwen sie und Waisen schützen,
Durch ihren Schutz den Armen nützen.
Sagt, Junker, habt Ihr noch den Brauch?
Der Edelmann:
Sprich, war't ihr nicht vor Jahren auch,
Euch Bauern mein' ich in einer Summ',
Einfältig, schlicht, gereeht und frumm?
Jetzt wird's bei euch dreifach gesucht:
Durchtrieben, schalkhaft und verrucht,
Hartmäulig und ungehorsam dabei.
Der Bauer:
Gott weiß wohl, wer der bessre sei.
Der Edelmann:
Ich bin vom Stamme gut und edel,
Du bist ein grober Bauernwedel,
Und kannst nicht gacksen und Eier legen;
Höfisch jedoch bin ich dagegen.
Will ich zum Hof der Füuͤrsten reiten,
Da find' ich Nahrung alle Zeiten
Ohn' alle Müh' und Rent' und Zins.
Der Bauer:
Bin ich der schlecht'ste? Meinst, ich bin's?
Mein Höfischsein ist Ackern, Säen,
Schneiden, Dreschen, Hauen, Mähen.
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M Schlechter Kerl, Spitzbube, hinterlistiger Mensch. Der Bauer
ein Lauer ist sprichwörtlich; vgl. Hans Sachs' poetische Werke.S. 154.