Volltext: Festschrift zur Feier des 50jährigen Bestehens des Ärztlichen Vereins Nürnberg

zu erwecken. Hat anderseits z, B. eine Hysterische den Leuten weisgemacht, 
dass sie von hoher Abkunft sei und es wird ihr deshalb ein respektvolles 
Verhalten entgegengebracht, so wird sie hiedurch selbst wieder in dem Glauben 
bestärkt, wirklich von hoher Abkunft zu sein. Der leiseste Anstoss von Aussen 
zenügt, um ihrer Phantasie eine bestimmte Richtung zu geben. In Folge 
ihrer lebhaften Phantasie glauben sie selbsterfundene Geschichten, wenn sie 
dieselben öfter erzählt haben, schliesslich selbst und zwar meist solche, die 
für sie schmeichelhaften Inhaltes sind und von denen sie wünschen, dieselben 
erlebt zu haben. Die Neigung zu solch subjektiven Fälschungen kann nicht 
ahne Weiters als »Lüge« bezeichnet werden und kann diese Neigung schon 
bei Kindern auftreten. Verstand und Phantasie (Autosuggestibilität) stehen 
bei ihnen nicht im richtigen Verhältnisse zu einander. Jeder Mensch ist etwas 
autosuggestibel. Jeder verfällt dadurch sehr häufig dem Irrthum. In vielen 
Fällen wird der Irrthum durch die Kritik des Verstandes korrigirt. Je grösser 
der Verstand, desto geringer der Irrthum. Es braucht die Verstandesthätigkeit 
nicht auffallend herabgesetzt und kein Schwachsinn vorhanden zu sein, aber 
die Autosuggestibilität kann abnorm gross und das Gehirn schlecht äquilibrirt 
sein. Die Hysterischen arbeiten mit Reminiscenzen aus Gesprächen und 
kultivieren gewöhnlich den Klatsch in ganz besonderer Weise. Ferner lesen 
sie sehr viel und zwar vorzugsweise Romane. Aus Phantasie und Prahlsucht 
haben sie vielleicht eine Aeusserung fallen lassen von hoher Geburt, grossem 
Vermögen u. s. W., ohne selbst von der Realität überzeugt zu sein. Um nun 
ihren Behauptungen mehr Nachdruck zu geben, fälschen sie Briefe, Unterschriften 
und dergl. und aus Bedürfniss, das einmal begonnene Spiel weiter zu spielen und 
aus Lust zu fabulieren, kommen sie immer zu neuen Lügereien und Betrügereien, 
Ihre überschwengliche Phantasie stört das klare Denken und als Folge davon macht 
äich ein instinktiver Hang zum Lügen und zur Täuschung geltend. Es giebt nach 
Delbrück Menschen, denen es zur zweiten Natur geworden ist, Phantasielügen und 
Schwindelgeschichten zu construiren und die durch ihre Unzuverlässigkeit auffällig 
sind. Strafen helfen bei ihnen Nichts. Niemand weiss, was sie denken und sie 
wissen es wahrscheinlich selbst nicht recht, obwohl sie es recht gut verstehen, 
aus ihren nebelhaften Begriffen pekuniären Vortheil zu ziehen. Ihr Gemüth ist 
ein kühles, ethisch-idiotisches (Delbrück). Bei Menschen mit lebhafter 
Einbildungskraft und ausgeprägtem Selbstgefühl erfahren die früheren Erlebnisse 
Anvermerkt tiefgreifende Wandlungen in dem Sinne, dass allmählich die eigene 
Person immer mehr in den Vordergrund rückt, Bei diesem Bestreben nach 
Selbstverherrlichung kann es bis zur Erfindung oder sehr freien Ausschmückung 
kommen, die nahezu vom Erzähler selbst für wahr gehalten werden. Noch 
einen Schritt weiter und wir haben die eben erwähnten krankhaften Lügner 
Delbrücks vor uns, die zu jedem zuverlässigen Berichte über ihre Ver- 
zangenheit unfähig werden. In der Regel handelt es sich um eine theilweise 
Vermischung von wirklichen Erlebnissen mit eigenen Zuthaten, Bisweilen 
kommt es zu völlig freier Erfindung scheinbarer Reminiscensen, denen gar 
sein Vorbild der Verganvenheit entspricht (Hallueinationen der Erinnerung 
Z—
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.